In Obermichelbach glänzen Trabi und Co.

18.6.2016, 10:00 Uhr
In Obermichelbach glänzen Trabi und Co.

© Foto: Petra Fiedler

Als nicht Sachkundiger verliert man schnell den Überblick, wenn sich Katrin und Burkhart Fischer unterhalten. Das Ehepaar ist Hauptorganisator des Treffens und nur zu gerne schildert es, was so alles an Trabi-, Simson- und MZ-Modellen auf dem Parkplatz des Einkaufsmarktes zur Parade aufgefahren ist. Heute seien die Trabis Schmuckstücke. In ihrer Jugend, so die Mitte Vierzigjährigen, waren sie begehrter Besitzstand. „Zehn Jahre mindestens mussten wir auf ein Fahrzeug warten“, beschreibt Burkhart Fischer die Realität jenseits der innerdeutschen Grenze.

Kein Wunder, dass die Fischers ihr Herz an die kleinen Zweitakter mit dem unverwechselbaren Motorengeräusch und den Kotflügeln aus Duroplast verloren haben. Zwar ist der Trabi in seiner Form aus der Zeit gefallen. „Aber“, sagt Burkhart Fischer, jedes Wort betonend: „Er ist robust, fast unkaputtbar, und wenn mal was fehlt, dann können Sie den Zwickauer Flitzer unkompliziert und günstig wieder flott bekommen.“

Die Trabi-Szene Fürth ist kein eingetragener Verein. „Das ist zu viel organisatorischer Aufwand“, sagen die Fischers, und so stemmen sie mit viel Idealismus das alljährliche Trabitreffen mit ein paar Getreuen. „Zu fünft haben wir 100 Liter Soljanka vorbereitet.“ Soljanka ist eine ostdeutsche Suppenspezialität, sie findet an diesem Nachmittag ihre Liebhaber, genau wie die Thüringer Bratwürste.

Dietmar Lantenhammer, ein gebürtiger Leipziger, beschreibt die verschiedenen Modelle und verrät ein Geheimnis, das seiner persönlichen Einschätzung entstammt: „Der Wartburg und der Borgward Isabella haben sich sehr geähnelt.“ Und es seien vor allem Oldtimerfreunde aus den alten Bundesländern gewesen, denen die Verwandtschaft der beiden Fahrzeuge aufgefallen sei. „Es könnte also durchaus sein“, dass der Wartburg dem Borgward die Vorlage geliefert hat, mutmaßt Dietmar Lantenhammer. Jedenfalls ist er stolz auf die Entwicklungen der Ingenieure der DDR.

Eines der schönsten und ältesten Mopeds fährt Thomas Arnold, gebürtig in Jena und passionierter Schrauber, bei diesem Treffen vor: eine Simson SR 2 E, Baujahr 1961. Eine augenfällige Schönheit in dunklem Rostrot und eines der wenigen Simson-Modelle, das nicht nach einem Vogel benannt ist. Sonst sollten Star oder Schwalbe den Ostmopeds Flügel verleihen. Die Restaurierung des Oldtimers hat Arnold viel Zeit gekostet. Doch die Bastelei macht ihm Spaß.

Auch wenn die Trabi-Freunde Fürth erklären, dass die rund 40 Mitglieder jeweils zur Hälfte aus den neuen und den alten Bundesländern stammen – an diesem Tag ist doch eher der sächsische und thüringische Zungenschlag zu hören. Die Erinnerung an die Autos und Mopeds der Kindheit und Jugend schweißt zusammen. Lutz Straphel, ausgewiesener Kenner der Ostfahrzeuge und begehrter Ersatzteillieferant, hat so manche Seltenheit im Angebot. „Gucken Sie mal“, weist Straphel auf das Preisschild eines Stoßstangenteils, „das ist noch in DDR-Mark ausgezeichnet.“ Trabant- und Wartburgfans sind erfinderisch. Peter Argleb wollte einen stärkeren und umweltfreundlichen Antrieb mit Katalysator. Da hat er bei seinem Trabant 1,1 Baujahr 1989 die Motorhaube gelüpft und die alte Maschine gegen einen Golfmotor ausgetauscht.

Während die Trabis mit Dachzelt und Wohnanhänger, Golfmotor oder als Cabrio ihre Eigentümer und Fans ob ihrer Liebenswürdigkeit begeistern, zieht am Ende des Parkplatzes ein schwarzer Riese die Aufmerksamkeit auf sich: Ein Wolga 1963, groß, schwer und mit seinem chrombewehrten Kühlergrill an das Lächeln eines Haifischs erinnernd. In der Sowjetunion musste man schon sehr wichtig sein, um am Steuer oder im Fond dieses Fahrzeugs zu sitzen.

Sein aus Moskau stammender Eigentümer verrät zwar ein wenig über Technik und Spritverbrauch. Wer der Vorbesitzer aber gewesen ist, da hält er sich bedeckt.

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