In Wilhermsdorf geht es um Daddel-Automaten

WILHERMSDORF - Seit bekannt ist, dass ein Unternehmer in Wilhermsdorf möglicherweise eine Spielhalle errichten will, wird das Vorhaben zumindest im Internet heftig diskutiert. Zu diesem Thema hatte der SPD-Ortsverband nun einen Infoabend organisiert.

"Die gesetzlichen Regelungen gehen nicht weit genug oder werden nicht hart genug angewendet", kritisiert Konrad Landgraf den Umgang staatlicher Stellen mit Spielhallen. Denn der Geschäftsführer der Landesstelle für Glücksspielsucht in Bayern (LSG) ist sicher: "Ja, Geldspielgeräte können zur Spielsucht führen."

Neue Spielhallen dürften nur im Mindestabstand von 500 Metern eröffnet werden – für existierende Einrichtungen gebe es aber Bestandsschutz. Deshalb stehen vielerorts direkt nebeneinander weiterhin mehrere Hallen des gleichen Betreibers. Jede einzelne ist mit maximal zwölf Geldspielautomaten bestückt.

"Die schiere Masse an Automaten" ist für Spielexperte Landgraf ein Hauptproblem: Gab es im Jahr 2000 noch 6109 Geldspielgeräte in 792 Spielhallen, so hingen 2016 bereits 21 770 solcher blinkenden Computer in 2049 Hallen. Auf gut 500 Einwohner Bayerns kommt also ein Gerät.

Pro zwölf Quadratmeter Platz im Raum darf ein Automat eingebaut werden. Der wirke nach außen wie ein beeinflussbares Spielzeug. Tatsächlich aber sei es "Glücksspiel, also immer darauf angelegt, dass der Anbieter gewinnt, nicht der Spieler".

Diagnose: Spielsucht

Landgraf berichtet von der Sucht der Spieler, die oft in Verzweiflung, Kontrollverlust, Arbeitslosigkeit ende. "Die klinische Diagnose Glücksspielsucht ist anerkannt, die Behandlung muss von den Krankenkassen bezahlt werden", erklärt er. Deshalb gebe es seine Einrichtung. Die LSG werde zwar vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege finanziert, arbeite aber "nicht weisungsgebunden und fachlich unabhängig". Sie unterhält selbst 22 Beratungsstellen. An die wandten sich im Jahr 2016 insgesamt "1778 Klienten, zu 90 Prozent männlich", wie Konrad Landgraf ausführt.

Landgraf kritisiert an den Spielhallen-Betreibern, dass sie laut der Gesetzesgrundlage "Glückspielstaatsvertrag" verpflichtet seien, "Spieler zu verantwortungsbewusstem Spiel anzuhalten". Doch nur ganz wenige Klienten würden von den Betreibern an die LSG-Berater verwiesen. Meist schicken dorthin Familienmitglieder ihre Sorgenkinder.

Inzwischen werden in Städten die Flächen immer knapper, "und deshalb gehen immer mehr aufs Land", weiß Konrad Landgraf. Gerade dort stehen aber schon viele Maschinen. Maximal drei pro Gaststätte sind erlaubt. Zweimal drei Geldspielautomaten gibt es bereits im Wilhermsdorfer Innenort.

Nun sollen am Ortseingang neben einer Spielhalle, ein Bistro, ein Café, ein Saal mit Billard und mehr entstehen. "Entertainment Center" genannt, erklärt Harry Scheuenstuhl, SPD-Landtagsabgeordneter und früherer Bürgermeister der Zenngrundgemeinde. Zwar gebe es bislang "nur eine Bauvoranfrage", die der zuständige Bauausschuss des Gemeinderats ans Landratsamt weitergeleitet habe. "Aber offensichtlich will der Gemeinderat die Einrichtung." Immerhin habe der Bauausschuss mit großer Mehrheit zugestimmt.

Steigt die Kriminalität?

Herbert Kropstat, als SPD-Ortsvereinschef der Gastgeber der Runde, meint dazu: "Ich will keine Spielothek und keine neuen Geldspielautomaten. Um meine Klientel zu finden, bin ich früher in die Spielothek am Hauptbahnhof Fürth gegangen", erinnert er sich zurück an eine Zeit, in der er als Kriminalpolizist nach "kleinen Junkies und Einbrechern" suchte.

Ob wegen einer neuen Spielhalle die Kriminalität in Wilhermsdorf steigen würde? Auf diese Frage hat auch Ulrike Rauskolb-Kunz keine Antwort. Die erfahrene Kriminalerin und Vizevorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Mittelfranken zählt nur auf, mit welchen Delikten in Spielhallen zu rechnen ist.

Sie fängt beim Betreiber an: Erfüllt der alle Vorschriften? Weiter geht es über Diebstähle von Geld und Handys, Falschgeld werde in die Automaten geworfen, Spieler geraten aneinander, Mitarbeiter werden attackiert, Automaten und Einrichtung zertrümmert. Und: "Spielhallen dienen auch der Geldwäsche." Aber Erkenntnisse, ob nach der Eröffnung einer Spielhalle die Kriminalität steigt, die gebe es nicht.

Suchthilfe unter: verspiel-nicht-dein-leben.de

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