„Jeder Tourist hilft Griechenland“

7.7.2015, 11:56 Uhr
„Jeder Tourist hilft Griechenland“

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Für die Bevölkerung in Griechenland, davon zeigte sich Vizekanzler Sigmar Gabriel gestern Nachmittag überzeugt, wird das Leben in den nächsten Tagen noch schwieriger. Kurz zuvor hatte sich EU-Parlamentspräsident Martin Schulz angesichts der wachsenden sozialen Not für ein humanitäres Hilfsprogramm ausgesprochen.

Im DER-Reisebüro in der Fürther Fußgängerzone hatte man zur selben Zeit alle Hände voll zu tun mit Urlaubszielen in aller Welt. Auch mit Griechenland: „Gerade erst habe ich es wieder für Kunden gebucht“, sagt Leiterin Petra Spitzbarth den FN. Das Referendum spiele bisher keine Rolle, noch seien keine Stornierungswünsche geäußert worden.

Natürlich sei die Krise ein Thema, berichtet Spitzbarth, aber das „schon lang, seitdem das angefangen hat“. Diejenigen, die sich für einen Griechenland-Urlaub interessieren, fragen nach, ob sie sicher sein können, dass vor Ort alles klappt, ob sie befürchten müssen, schlecht behandelt zu werden, erzählt Spitzbarth. Sie beruhigt dann: „Aktuell kann man problemlos buchen und hinfahren.“

Das bestätigt Sabine Egerer, Inhaberin des Cadolzburger Reisebüros am Marktplatz. Eine Kollegin kam am Wochenende von Kreta zurück: „Manchmal hat sie am Bankautomaten eine Schlange gesehen“, mehr aber sei von der Krise nicht zu merken gewesen. „Es gab alles zu essen, und das Personal war nett und freundlich“, sagt Egerer, die weiß, dass Urlauber häufig befürchten, dass es bei der Versorgung Engpässe gibt oder der Service leidet, weil der Hotelier möglicherweise sein Personal nicht bezahlen kann.

Auch sie hat bislang weder besorgte Anrufe noch Stornierungen erhalten. Aber: Sie beobachtet schon, dass die Menschen bei Neubuchungen für Griechenland seit einiger Zeit „verhaltener“ sind. „Einige schließen das ganz aus, wie Tunesien.“

Mit Interesse und Empathie verfolgt Dana Braun vom Reisebüro „Die Urlaubswelle“ in der Gustavstraße die Krise. Zwei Jahre lang hat sie auf der Insel Santorin gearbeitet. Das Referendum habe gezeigt, dass die Bevölkerung gespalten ist, sagt sie, und das sei eigentlich nicht verwunderlich: „Der kleine Mann kann doch gar nicht sagen, was besser ist. Da streiten sich ja schon die Experten.“ Allen, die eine Griechenland-Reise gebucht haben, rät sie: „Abwarten und einen kühlen Kopf bewahren. Man sollte sich nicht verrückt machen lassen.“ Ihr sei nicht zu Ohren gekommen, dass es Schwierigkeiten gebe.

Aber auch eine andere Frage drängt sich auf: Kann man guten Gewissens dort entspannen, wo Menschen um ihre Existenz bangen? Für Braun ist die Antwort klar: „Jeder Gast, der hinreist, hilft dem Land auch. Es wäre fatal, wenn kein Tourist mehr käme.“

Wie der Deutsche Reiseverband rät sie, ausreichend Bargeld mitzunehmen. Der Verband meldete gestern ebenfalls, dass es nach dem Referendum keine vermehrten Hinweise „auf geänderte Reisepläne“ gebe.

Antonios Kerlidis, Vorsitzender des Fürther Integrationsbeirats, hofft, dass das so bleibt, schließlich brauche seine Heimat mehr Arbeitsplätze – und nicht weniger. Das Nein der Griechen am Sonntag, erklärt er, „ist ein Ja zum Euro, ein Ja zu neuen Verhandlungen, aber mit besseren Konditionen. Und auch ein Ja für ein würdevolles Leben in Griechenland.“ Er habe großen Respekt für den Rücktritt von Finanzminister Yanis Varoufakis – und hofft nun, dass die Verhandlungen mit dessen Nachfolger glücklicher und respektvoller ablaufen.

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