Kiebitz-Affäre beschäftigt Staatsanwaltschaft

21.8.2012, 09:00 Uhr
Kiebitz-Affäre beschäftigt Staatsanwaltschaft

© Hans Winckler

Dort, wo Privatinvestor Thomas Sommer der SpVgg Greuther Fürth ab dem kommenden Frühjahr für 35 Millionen Euro eine neue Fußballarena errichten will, auf dem direkt am Main-Donau-Kanal gelegenen ehemaligen US-Militärgelände im Gewerbepark Süd, sind seit geraumer Zeit geschützte Vogelarten wie Kiebitz, Flussregenpfeifer und Uferschwalbe beheimatet. Werden ihre Brutplätze bebaut, muss die Stadt dafür Ersatzflächen ausweisen. Die SpVgg hat ein vogelkundliches Gutachten in Auftrag gegeben. Ein ganz normales Prozedere, soweit.

Anderen, ungewöhnlichen Vorgängen geht die Kripo nun im Auftrag der Staatsanwaltschaft nach: Mitten im hochsensiblen Naturraum fuhrwerkte im Juni nämlich wiederholt schweres Baugerät (wir berichteten). Naturschützer reagierten augenblicklich höchst alarmiert. Wenig später räumte Süßwarenfabrikant Herbert Mederer ein, als Noch-Eigentümer habe er die 62000 Quadratmeter Brachland lediglich verkaufsfertig machen wollen. Eine Baufirma sollte in seinem Auftrag Hügel und Wassertümpel einebnen, denn das mit Sommer per Handschlag vereinbarte millionenschwere Grundstücksgeschäft sollte bald reibungslos über die Bühne gehen.

Mederer versicherte nicht nur, der Radlader habe keine Brutstätten niedergewalzt. Er will auch erst bei einem Gespräch mit Vertretern der Stadtspitze am 12. Juni erfahren haben, dass die Erdarbeiten strafbar sein könnten.

Wie Alfred Huber, stellvertretender Sprecher der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, nun auf FN-Anfrage sagte, richten sich die aktuellen Recherchen des Sonderdezernats für Umweltstraftaten im Nürnberger Polizeipräsidium nicht gegen die Person Mederer. Es handle sich um ein Verfahren gegen Unbekannt, so der Oberstaatsanwalt, bei dem sich die Kripo vor allem dafür interessiere, „wer was zu welchem Zeitpunkt wusste“. Wie berichtet, gibt es dazu höchst widersprüchliche Darstellungen.

Wer sagt die Wahrheit?

So beteuerte Herbert Mederer Anfang Juli im FN-Gespräch, Oberbürgermeister Thomas Jung habe ihn in einem Telefonat am Sonntag, 10. Juni, mit keinem Wort über ein Verbot der Erdarbeiten aufgeklärt. Der OB behauptet, das habe er sehr wohl getan. Auch Fürths Rechtsreferent Christoph Maier stellt einen Sachverhalt anders dar als der Trolli-Chef. Am Montag, 11. Juni, wies Maier nach eigener Aussage einen leitenden Mitarbeiter Mederers „unmissverständlich“ auf rechtliche Konsequenzen hin, falls der Radlader weiter im Einsatz sei. Mederer zufolge gab es an diesem Tag keinen Informationsaustausch zwischen der Stadt und seiner Firma.

Ein Knackpunkt in dem Verwirrspiel: Selbst nachdem die Untere Naturschutzbehörde die Einstellung der Erdarbeiten angeordnet hatte, sollen noch Teile des umzäunten Geländes planiert worden sein. Mederer wies diesbezüglich jede Schuld von sich. Gegenüber den FN meinte er, Unbekannte hätten sich Zutritt zu seinem Grundstück verschafft.

Justizsprecher Huber stellt klar, dass ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz, im konkreten Fall die „Störung von Brutpflegestätten streng geschützter Tierarten“, keineswegs ein Kavaliersdelikt ist. „Es geht um eine mögliche Straftat.“ Der Strafrahmen reiche von der Geld- bis zur Freiheitsstrafe. Im derzeit noch frühen Ermittlungsstadium werden Zeugen befragt. Der Ausgang des Verfahrens ist Huber zufolge „völlig offen“.

 

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