Kind fast gestorben: Flüchtlingsheim-Mitarbeiterin angeklagt

25.10.2013, 15:05 Uhr
Kind fast gestorben: Flüchtlingsheim-Mitarbeiterin angeklagt

© Hans-Joachim Winckler

Das Gesicht des Kleinkinds war bereits von Schmerzen gezeichnet, den Notarzt wollte aber niemand rufen: Mitarbeiter der Zentralen Aufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf sollen einer Asylbewerber-Familie nicht geholfen haben, als deren eineinhalb Jahre alter Junge lebensbedrohlich erkrankt war.

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Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth habe Anklage gegen zwei Pförtner wegen vorsätzlicher Körperverletzung und gegen eine Angestellte wegen unterlassener Hilfeleistung erhoben, sagte Oberstaatsanwältin Antje Gabriels-Gorsolke am Freitag und bestätigte damit einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Einem Arzt wird außerdem vorgeworfen, das Kind nicht sorgfältig genug untersucht zu haben.

Der Fall selbst liegt bereits fast zwei Jahre zurück. Die Eltern hatten im Dezember 2011 in den Morgenstunden auf der Haut ihres Jungen schwarze Flecken entdeckt. Zudem wirkte er stark abwesend. Der Bitte, einen Mediziner oder Rettungswagen zu rufen, waren die Pförtner den Ermittlungen zufolge nicht nachgekommen. Die Eltern wurden zu einem Raum mit der Aufschrift "Arzt"geschickt.

Stunden bis zum Krankenschein

Statt auf einen Mediziner traf die Roma-Familie dort nur auf eine Angestellte. Obwohl die schwarzen Flecken mittlerweile größer geworden waren, wollte auch sie nicht helfen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass etwa eine Stunde verging, ehe es der Familie gelang, einen Krankenschein zu erhalten. Eine Mitarbeiterin des Sozialamts in der ZAE stellte diesen schließlich aus.

Auch mit dem amtlichen Dokument war die Odyssee nicht zu Ende: "Die Pförtner haben den Rettungsdienst trotzdem nicht gerufen", berichtete Antje Gabriels-Gorsolke. Die Familie sei mit einem Stadtplan zu Fuß zum Kinderarzt geschickt worden.

Erst durch die Hilfe eines Autofahrers, der die Familie mit dem regungslosen Kind auflas, kam der Junge in ärztliche Behandlung. In einem Krankenhaus wurde eine lebensbedrohliche Blutvergiftung diagnostiziert. Der Bub musste mehrere Monate behandelt werden. Er habe bleibende Schäden davon getragen, sagte die Oberstaatsanwältin.

Die Ermittlungen richten sich auch gegen einen Mediziner des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes. Er war bereits in der Nacht zuvor gerufen worden, weil die Eltern bei ihrem Kind Fieber vermuteten. Er soll den Jungen aber nur oberflächlich untersucht und kein Fieber gemessen haben. Er ist wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Wann der Fall vor dem Amtsgericht Fürth verhandelt wird, steht noch nicht fest.

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