Kinder lauschen der Symphonie des Waldes

10.9.2014, 13:00 Uhr
Kinder lauschen der Symphonie des Waldes

© Foto: Ilona Kriesl

Unter Tims Schuhen knackt und knistert der Waldboden. Seine Füße streifen über trockene Tannennadeln und Äste, während er sich mit den Händen am Seil vorsichtig nach vorne tastet. Tim sieht nichts, seine Augen sind verbunden – er kann nur fühlen. Er greift nach einem der Tannenzapfen, die an dem Seil hängen, und fährt mit den Fingern über deren Oberfläche. „Dieser fühlt sich kühl an“, meint er schließlich. „Die anderen waren stachlig.“

Für Ulrike Ringel vom Langenzenner Naturamt sind Tannenzapfen nicht bloß Tannenzapfen, sondern Spielzeug und Forschungsobjekt zugleich. Besonders im Sommer lohne es sich, in den Wald zu gehen, meint sie. „In dieser Jahreszeit kann man viel entdecken. Überall wachsen Früchte, die Bäume tragen Blätter, das Grün hat Kraft und Fülle“, erklärt sie. Mit Förster Raymund Filmer führt sie heute Kinder durch den Forst am Teufelsgraben. Bei einem Quiz wollen sie die Geheimnisse des Waldes lüften.

„Sind die giftig oder genießbar?“ Raymund Filmer bleibt vor einem Strauch mit leuchtend roten Früchten stehen. Ein Junge pflückt eine der Beeren und zerdrückt sie zwischen seinen Fingern. „Das sind Vogelbeeren“, vermutet der Kleine, nachdem er den Fruchtbrei auf seinen Fingern ausgiebig betrachtet hat.

Tatsächlich liegt dieser Schluss nahe – die Früchte sehen Vogelbeeren zum Verwechseln ähnlich. Am Ende wird die Auflösung des Quiz‘ jedoch zeigen: Es war eine Heckenkirsche, die im Sommer hochrote, glänzende Früchte trägt. „Die“, verrät der Förster, „sind tatsächlich giftig.“

Durch die dichten Laubkronen des Waldes schallt der Ruf eines Vogels. „Hört ihr den Schwarzspecht?“, fragt Raymund Filmer und blickt nach oben. Die Kinder lauschen gebannt. Als die Rufe verhallt sind, folgt die Gruppe weiter dem Waldweg, der an einem riesigen Baumstamm vorbeiführt. Er gehört zu einer Douglasie, die etwa 100 Jahre alt ist.

„Dieser Baum ist so groß, weil er neben einem Bach steht“, erklärt der Förster. „Dank des Wassers ist er in die Höhe geschossen.“ Und noch eine weitere Besonderheit besitzt der Baum: Sein Harz duftet herrlich nach Zitronen.

Trick der Oma

Zu den Füßen der Kinder sprießen Pilze aus dem Boden – und Pflanzen, die den Kleinen sofort auffallen: Brennesseln. Der Förster verrät, dass man die Blätter ruhigen Gewissens anfassen kann, ohne sich zu verbrennen. Eines der Kinder kennt den Trick; es hat ihn von seiner Großmutter gelernt. Mutig greift der Junge nach einer Brennessel und streift mit seinem Finger vom Blattinneren an den Rand. „So kann nichts passieren, weil die Brennhaare in die entgegengesetzte Richtung stehen“, erklärt der Experte.

Der Weg führt die Gruppe an Sträuchern und anderen Gewächsen vorbei. Sie bestimmen Holunderbeeren, Schlehen und Brombeeren – und lauschen dabei den Tönen des Waldes: dem ruhigen Plätschern eines Baches, dem Zwitschern von Amseln und Meisen. Bis weit in den Wald hinein hört man die spielenden Kinder und das Knacken der Äste unter ihren Füßen. Eine Symphonie aus Geräuschen, die viel häufiger zu hören sein sollte.

Keine Kommentare