Kleine und ganz Kleine: Die nebulösen Strukturen von Parteien

30.1.2008, 00:00 Uhr
Kleine und ganz Kleine: Die nebulösen Strukturen von Parteien

© Erich Malter

Die Grünen sind eine Partei, aber sie haben ein Problem: Sie werden nach wie vor weniger als Partei wahrgenommen denn als ideelle Bewegung, entwachsen der außerparlamentarischen Friedens- und Umweltbewegung - und sie haben deshalb zu ihrem Leidwesen landauf, landab noch immer eher wenige Mitglieder.

Auch in Fürth ist das so, wo die Grünen zwar auf durchaus ordentliche Stimmenanteile bei den Wahlen kommen und derzeit drei Vertreterinnen im Stadtrat haben; doch die Mitgliederzahl dümpelt seit Jahren bei «zirka 50» herum, wie der Kreisvorsitzende Harald Riedel mitteilt. Allzu viel Kopfzerbrechen macht der Grünen-Führungsriege das aber nicht, wie man trotzig betont. Die Fürther Grünen hätten viele «Sympathisanten», sagen sie, die sich nicht in eine Parteidisziplin einbinden lassen wollen, nichtsdestotrotz treue Mitstreiter seien. Sogar eine grüne Jugend habe sich nach langen Jahren des Nachwuchsmangels wieder formiert. Themen wie Klimawandel und Energiewende sprechen offenbar auch die Jüngeren an.

Die guten Zeiten der FDP in Fürth liegen hingegen weit zurück. Für manchen Nachgeborenen ist es kaum zu glauben, aber die Partei stellte lange Zeit den Oberbürgermeister. Der von allen politischen Kräften mitgetragene Kurt Scherzer war von 1964 bis 1984 unumstrittener Rathauschef, und in seinem Sog ging es auch der örtlichen FDP vergleichsweise prima.

Heute führen die Liberalen in Fürth ein Mauerblümchen-Dasein und stellen nicht mehr als einen Stadtrat. Auf gerade einmal 2,83 Prozent der Wählerstimmen kam die Mittelstandspartei 2002. Als rührige Galionsfigur fungierte geraume Zeit Norbert Eimer, der schon mal für die FDP im Bundestag gesessen hatte. Als sich der diskutierfreudige Vacher aus gesundheitlichen Gründen zurückzog, übernahm die Einzelkämpferrolle Kurt Georg Strattner - ein 77-jähriger Malermeister, der SpVgg Greuther Fürth innigst verbunden und ansonsten, vorsichtig formuliert, eher unauffällig.

Der Mitgliederstand der FDP Fürth mag zunächst überraschen: Mit 90 gibt ihn der Kreisvorsitzende Christian Braner, ein IT-Systemkaufmann aus Zirndorf, an; doch dazu zählen nicht nur die Liberalen aus der Stadt, sondern auch jene aus dem Landkreis Fürth - kein anderer Kreisverband weist diese Struktur auf. Über den «Ortsverband Fürth» gibt die Homepage der FDP keinerlei Aufschluss. Wer den Link anklickt, bekommt - anders als im Fall von Stein, Zirndorf, Oberasbach und Langenzenn - kein Ergebnis.

Noch weniger Informationen gibt das weltweite Netz nur her, wenn es um die Fürther Republikaner (Rep) geht: Die Homepage des bayerischen Landesverbands listet für Mittelfranken zwar Kreisverbände in Nürnberg, Weißenburg-Gunzenhausen und Neustadt/Aisch auf - nicht aber in Fürth. Dennoch treten die Rep hier regelmäßig zur Kommunalwahl an - sogar mit eigenem OB-Kandidaten. Diesmal wie vor sechs Jahren ist das der 49-jährige Diplom-Betriebswirt Claus-Uwe Richter. Mehr Namen fallen beim Thema Republikaner selbst langjährigen Beobachtern der politischen Szene in Fürth nicht ein.

Eine Anfrage der Fürther Nachrichten bezüglich Rep-Strukturen und -mitgliedern wurde von Richters Mutter Ingeborg, der Frau des früheren Fürther CSU-Vorsitzenden Rudi Richter, abschlägig beschieden - aus «Datenschutzgründen», wie Frau Richter, die sich als Schriftführerin der Partei bezeichnet, wissen ließ.

Vor sechs Jahren machten gerade noch 2,17 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei den Rep, doch es gab auch andere Zeiten: Ende der 80er Jahre hatten sie unter Führung des prominenten bayerischen Parteigründers Franz Schönhuber mit ausländerfeindlichen Kampagnen noch erheblich mehr gepunktet. Den Einzug in Fürths Stadtrat mit vier Mandaten feierten Richter und seine damaligen Mitstreiter 1990 mit einem Spruchband, auf dem «Deutschland zuerst» stand.

Bevor radikalere Versionen wie die Deutsche Volksunion (DVU) und die NPD im Parteienspektrum Bedeutung erlangten, galten die Republikaner als Rechtsaußen im politischen Gefüge. Von Claus-Uwe Richter sind deutschtümelnde Töne, wie sie noch immer auf den Rep-Homepages dominieren, seit Jahren freilich nicht zu vernehmen - er äußert sich in Stadtratssitzungen generell nur selten.

Lebhafter gerieren sich da die Vorkämpfer der Freien Wähler (FW), Werner Scharl und Heidi Lau. Der CSU-Abweichler und die Bürgerlisten-Einzelstadträtin haben sich im Herbst unter dem Signet «FW» zu einer Art bürgerlicher Zweckgemeinschaft zusammengefunden, die zwischenzeitlich nach eigenen Angaben 78 Mitglieder zählt. Mit ins Boot nahmen sie den zweiten Mann, der im Verlauf dieser Stadtratsperiode den Christsozialen den Rücken gekehrt hatte, den Apotheker Jürgen Raum.

Alle drei retteten sich so vor der Bedeutungslosigkeit und vermutlich hinein in den nächsten Stadtrat. Gemeinsames Ziel: den in ihren Augen erstarrten «Etablierten» den Kampf anzusagen. Der 56-jährige Gymnasiallehrer Scharl, der sich in der CSU als Umweltfachmann hervorgetan hat, fällt dabei nicht durch übertriebene Zurückhaltung auf: Fünf bis acht Mandate traue er seiner Gruppierung zu, ließ er verlauten - sehr zum Amüsement der Konkurrenz, die dies für weit weniger realistisch hält.

Auch die Neulinge der Linken sind fest von ihrem Einzug in den Stadtrat überzeugt. Und seit dem Sonntag, als dem Zusammenschluss aus WASG und PDS der Sprung in die Landesparlamente von Niedersachsen und Hessen gelang, dürften sie sich in ihrem Glauben an den Erfolg auf kommunaler Ebene bestärkt fühlen. Die Mitgliederzahl in Fürth wird mit rund 70 angegeben, bei der Aufstellung ihrer Liste gab sich die Linke offen für «parteiungebundene Kandidaten sowie Vertreter von Sozialverbänden, Initiativen, globalisierungskritischen Bewegungen und Gewerkschaften».

Droht die CSU Stimmen an die FW zu verlieren, so ist die Linke vor allem eine Gefahr für die Fürther Sozialdemokraten. Die freilich geben sich trotz des Aufwinds der neuen Konkurrenz betont gelassen. Soziale Positionen besetze man in Fürth schon selbst kompetent, sagen die Genossen.