Konfirmanden knöpfen sich Kanzel und Kruzifix vor

17.4.2017, 10:00 Uhr
Konfirmanden knöpfen sich Kanzel und Kruzifix vor

© Hans Winckler

Samstagvormittag in Kirchfembach: Aus dem Inneren des schmucken Wehrkirchleins, das über dem Dorf thront, tönt kein Orgelklang, sondern das Brummen des Staubsaugers. Hannelore Sauerstein vom Kirchenvorstand hat soeben drei Konfirmanden und ihren Müttern gesagt, was zu tun ist: den Läufer klopfen, den großen Balken über der Kanzel reinigen, Kronleuchter und Kerzenständer polieren, saugen, wischen, wachsen. Zwei Zehn-Liter-Kanister mit warmem Wasser hat die 68-Jährige bereitgestellt, dazu Schrubber, Neutralseife, Putzlappen, Staubwedel, Teppichklopfer. Jetzt setzen die sechs die Instruktionen in die Tat um.

Das Jahr über sorgt Hannelore Sauerstein höchstpersönlich Woche für Woche aufs Neue dafür, dass sich die Veitskirche bei Gottesdiensten sehen lassen kann. Einen Mesner gibt es nicht. "Wir würden ja jemanden anstellen", erklärt Pfarrerin Kerstin Baderschneider, "aber wir haben niemanden gefunden." Also tut der Kirchenvorstand ehrenamtlich, was zu tun ist. Hannelore Sauerstein, die selbstverständlich auch jetzt mit anpackt, putzt, Lissy Rottamer schmückt den Altarraum mit frischen Blumen, andere bereiten die Gottesdienste vor, zünden Kerzen an, reichen Klingelbeutel herum . . .

Der Frühjahrsputz der "Konfis" sei vor allem auf dem Land und in der Vorstadt Brauch, erklärt Christiane Lehner, Sprecherin des Dekanats Fürth und selbst Pfarrerin. Woher die Tradition kommt, kann sie nicht sicher sagen. "Es gibt keine Theologie des Putzens vor der Konfirmation." Aber: "Ich kann mir gut vorstellen, dass dahinter die Idee steckt, Ordnung zu schaffen, im ganz praktischen und auch im geistlichen Sinne. Schließlich gehen die Konfirmanden vor der Konfirmation auch zum ersten Mal zur Beichte."

Reinigung also. Wadim Stoljarow hat schon Erfahrung im Saubermachen. Samstags, sagt der 13-Jährige, bringt er öfter mal daheim sein Zimmer auf Vordermann. Saugt, wischt, räumt auf. Macht er das gern? Die Antwort kommt prompt, dazu ein schelmisches Grinsen: "Nö." Nils Neumann (14) ist im Umgang mit Schrubber und Wischtuch offenbar nicht ganz so erprobt. "Meine Mutter und meine Oma machen das immer. Da hab’ ich eigentlich keine Chance."

Vollen Körpereinsatz zeigen Nils Neumann, Sebastian Gugel (unten links) und Wadim Stoljarow (unten Mitte) beim Ausklopfen des großen Läufers.

Vollen Körpereinsatz zeigen Nils Neumann, Sebastian Gugel (unten links) und Wadim Stoljarow (unten Mitte) beim Ausklopfen des großen Läufers. © Hans Winckler

Die hat er jetzt. Auf dem Kirchhof dreschen er, Wadim und Sebastian Gugel (14), der Dritte in der Runde, mit Teppichklopfern auf den Läufer ein, der sonst den Weg zum Altarraum bedeckt und nun über einer Holzstange hängt. Die Bewegungen der Jungs sehen gut aus, routiniert.

Mit festem Griff sichert Nils’ Mutter Sabine Neumann unterdessen Claudia Gugel (beide 46), die drinnen, auf der zweiten Empore, mit einem Teleskopbesen hantiert. Ziel ist es, einen über die ganze Breite des Gotteshauses reichenden Balken von Schmutz und Staub zu befreien. Kein leichtes Unterfangen. Wer nicht schwindelfrei ist, sollte besser nicht in die Tiefe blicken. Aber die zwei Frauen meistern ihren Job.

Die Kirchengemeinde Kirchfembach – sie gehört übrigens nicht zum Dekanat Fürth, sondern zum Dekanat Neustadt/Aisch – ist mit dem im Nachbarlandkreis gelegenen Hagenbüchach in einem Pfarramt zusammengeschlossen. Kerstin Baderschneider teilt sich die Pfarrstelle mit Monika Bogendörfer. Nächstes Jahr feiern die beiden Gemeinden, dass ihre Verbindung schon seit 300 Jahren hält, zum 300-Jahres-Festakt kommt Ende Juli 2018 auch der Landesbischof.

Die doppelte Arbeit

Doch jetzt, am Sonntag nach Ostern, wird erst mal Konfirmation gefeiert. Die findet immer im Wechsel hier oder dort statt, heuer in Hagenbüchach. In Kirchfembach wird tags zuvor der Beichtgottesdienst gehalten und eine Woche darauf die Konfirmation der Jubilare. Das heißt: Blitzen und blinken müssen beide Kirchen. Doppelte Arbeit also für die diesmal zehn Konfirmanden.

Sie haben sich in zwei Putztrupps aufgeteilt, sieben für die größere Kilians- und drei für die Veitskirche. Überlastet wirken Wadim, Nils und Sebastian nicht wirklich, als sie so ums Kruzifix, die Kanzel, die Ablagen für die Gesangbücher staubwedeln. "Mit Freunden macht Putzen sogar Spaß", versichert Wadim. Und weil St. Veit frisch renoviert ist und die Heizung unter den Kirchenbänken zum Beispiel nicht schon wieder abgestaubt werden muss, hat die kleine Putzkolonne sogar Glück. "Heuer ist ja sowieso alles sauberer als sonst", sagt Hannelore Sauerstein und schickt ihre Helfer nach zwei Stunden schon wieder heim.

Keine Kommentare