Krieg um die Knolle an der Heimatfront

29.10.2014, 06:00 Uhr
Museumschef Martin Schramm neben einer Schale mit Kartoffeln und Steckrü­ben in der aktuellen Ausstellung.

© Foto: Edgar Pfrogner Museumschef Martin Schramm neben einer Schale mit Kartoffeln und Steckrü­ben in der aktuellen Ausstellung.

Die Kriegsbegeisterung hielt sich in der Garnisonsstadt von Anfang an in Grenzen. So lauschten am Tag der Ablehnung des Ultimatums deutlich weniger Menschen als sonst der Militärmusik, sondern diskutierten lieber den Ernst der Lage.

Der von den anfänglichen Erfolgen des deutschen Heeres beflügelte Patriotismus machte mit der Verhärtung der Fronten zunehmender Skepsis Platz. Das erkennt Seiderer auch an den Todesanzeigen: War anfangs hier vom „Heldentod fürs Vaterland“ die Rede, trauerten später Eltern um ihre „im Blütenalter dem schrecklichen Krieg zum Opfer“ gefallenen Söhne. Als an einen Sieg nicht mehr zu denken war, fanden Demonstrationen, zu denen die Sozialdemokraten aufgerufen hatten, großen Zulauf.

Bereits im ersten Kriegswinter drückte die drastische Verteuerung und Rationierung von Grundnahrungsmittel die Stimmung in der Fürther Bevölkerung. Im Herbst 1916 spitzte sich die Versorgungslage derart zu, dass Oberbürgermeister Robert Wild beim Innenministerium Kartoffellieferungen anmahnte.

Es half der Stadt wenig, dass sie sich der Nürnberg-Fürther Gesellschaft für Volksernährung angeschlossen hatte, die Großeinkäufe für Bedürftige machte. Nürnberg wurde, so Seiderer, stets bevorzugt. Anfang 1918 trat Fürth deshalb aus der Gesellschaft wieder aus.

Die Lebensmittelversorgung lag nach den Worten des Historikers nicht einmal bei 50 Prozent des Vorkriegsniveaus. Die Kommunen waren dazu verurteilt, den Mangel zu verwalten. Dass die Behörden nicht in der Lage waren, eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, hat laut Seiderer wesentlich zum Autoritätsverlust und später zum Umsturz beigetragen. Verschärft wurden die Probleme in Fürth durch die schwierige Umstellung der exportorientierten Möbel- und Spiegel-Industrie auf Kriegsproduktion. Munitionskisten und Scheinwerfer waren ein schwacher Ersatz für die bisherige Produktpalette.

Dem wirtschaftlichen Einbruch durch das Embargo bei Kriegsbeginn folgten die Entlassungen beim Zusammenbruch der Rüstungsbetriebe am Kriegsende. Vor dem Hintergrund unübersehbarer kommunaler Versorgungsengpässe traf der Arbeiter- und Soldatenrat bei seinem Umsturz am 8. November in Fürth auch auf wenig Widerstand. Oberbürgermeister Wild bemühte sich laut Seiderer um ein gutes Einvernehmen. In dieser Bereitschaft zur Kooperation lagen auch Chancen für Problemlösungen.

Im Begleitprogramm werden noch folgende Aspekte beleuchtet: Fürths Frauen (18. Januar), Feldpostbriefe (5. Februar), Kriegsausbruch und Kriegsschuldfrage (15. Februar), Kriegsfotografie (5. März), wirtschaftliche Kriegsauswirkungen (15. März) und Kirchen (2. April).

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