L wie Loewi

20.8.2012, 16:00 Uhr

Isaak Loewi „hatte ich mal gegoogelt, aber schon wieder vergessen, wer das war“, ruft Tina Niklas vom Balkon herunter. Seit fünf Jahren wohnt sie am östlichen Ende der Isaak-Loewi-Straße, schaut auf den Südstadtpark und genießt die tolle Lage. „Perfekt“, findet die Sachbearbeiterin, „nicht zu ruhig und nicht zu laut.“

Die Isaak-Loewi-Straße ist eine Wohnstraße. Im Norden gesäumt von einer Buchenhecke, die die Gärten der nächsten Häuser schützt. Im Süden grenzt das Steubenkarree an. 2004 hat P&P die Gebäude auf der ehemaligen William O. Darby-Kaserne umgebaut, 150 Wohneinheiten entstanden. Ins mittlere Gebäude mit dem Türmchen ist die P&P Gruppe selbst mit ihrer Firmenzentrale eingezogen. Eine gute Adresse, findet Inhaber und Geschäftsführer Michael Peter, denn das Unternehmen hält auf Tradition und Kultur: „Der Rabbiner Dr. Isaak Loewi, in seiner Zeit hochgeachtet und vielgeliebt, ist ein bedeutendes Stück Fürther Tradition, mit dem wir uns sehr gut identifizieren können.“

Da ist er also, Isaak Loewi. Geboren 1803, gestorben 1873. Er hatte die Talmudhochschule in Fürth besucht, in München studiert und promoviert, ging dann nach Uehlfeld. 1830 wählte ihn die jüdische Gemeinde in Fürth zum Oberrabbiner. Loewi kam in schwieriger Zeit: Ein Edikt hatte die Juden 1813 ihrer Freiheiten beraubt, in der Gemeinde stritten orthodoxe und liberale Juden um den Kurs. Dr. Isaak Loewi versuchte zu einen. „Die Zeit des Streites, sie war da, aber sie ist vorüber; die Zeit der Verfolgung, der Verleumdung, der Feindschaft, sie war da, aber sie muss vorüber sein; sie verschwinde im Strom der Vergessenheit, und Aufrichtigkeit, Wahrheit und Liebe kehre zurück!“ sagte er in seiner Antrittspredigt.

Als umgänglicher, gebildeter Mann trug er die „Fackel der Vernunft“ voran, reformierte und prägte die Gemeinde im 19. Jahrhundert. Den Frauen, die zuvor in Nebenräumen den jüdischen Gottesdienst verfolgten, ließ er eine Empore in der Synagoge bauen. Er führte Gebete, Gesang und Predigt in deutscher Sprache ein und unterstützte die Entwicklung der Stadt. So war er unter den ersten Fürthern, die eine Eisenbahnaktie kauften.

Die Historikerin Barbara Ohm schildert Loewis Leben in „Fürth. Geschichte der Stadt“, und wenn sie erzählt, klingt ihre Stimme ganz warm: „Er ist irgendwie ein Freund von mir. Er hatte ein untrügliches Gespür für das, was nötig ist. Und bei allem, was ihm begegnet ist und sich auch widersetzt hat, hat er seine menschliche Wärme behalten.“ Und es ist gut, dass eine Straße nach ihm benannt ist.

Wie stets ging ein mehrstufiges Verfahren voraus: Die Stadtratsfraktionen oder auch Privatpersonen können Vorschläge beim Stadtplanungsamt einreichen. Die Liste wird vom Stadtheimatpfleger abgeklopft und im Ältestenrat besprochen. Wenn dann neue Baugebiete ausgewiesen werden, beschließt der Fürther Stadtrat die neuen Straßennamen.

In diesem Jahr wurden schon sieben Straßen neu benannt, im vergangenen waren es vier, 2010 drei. Dabei versucht die Behörde, eine inhaltliche Klammer zu finden: Musiker, Blumen, Widerstandskämpfer oder Planeten. Venus-, Jupiter- und Merkurstraße und der Uranusring am Südstadtpark wären so ein Beispiel. Auch der Xylokastro-Platz – benannt nach der griechischen Partnerstadt Fürths – findet sich hier.

„Wenn Namen so kompliziert zu schreiben sind, suchen wir Plätze, wo keine Hausnummer ist“, sagt Hermann Huber von der Abteilung Vermessung und Geoinformation. Viel gefährlicher sind aus seiner Sicht mögliche Verwechslungen: Die Dr.- Mack-Straße und die Maxstraße besitzen dieses Potenzial ebenso wie die Gluckstraße in Dambach und die Glückstraße in der Südstadt.

Bei der Isaak-Loewi-Straße sind allenfalls Buchstabendreher zu befürchten. So richtig falsch war noch kein Brief an Manuela Liedtke adressiert. Aber, sagt die Bürokauffrau: „Buchstabieren? Immer!“ Trotzdem gefällt es ihr, viele Kinder sind im Viertel und ein Sandkasten befindet sich im Hof zwischen den Häusern. Bald kommt eines dazu – die 39-Jährige erwartet ihr Kind im September.

Kerstin Wirsching, die ein paar Häuser weiter wohnt, hat der Name des Rabbiners sogar angelockt. Sie ist in Fürth geboren – „ich bin eine alte Südstädterin“ – und hält auf seine Geschichte, die auch eine der jüdischen Fürther ist. Seit einem Jahr lebt die Lehrerin, die an der Pestalozzi-Schule unterrichtet, in der Isaak-Loewi-Straße. Unter hohen Decken, mit Gärtchen und netten Nachbarn. „Voll der Glückstreffer!

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