Landkreis-SPD kritisiert: Sind die Bauern die bösen Buben?

22.6.2017, 06:00 Uhr
Landkreis-SPD kritisiert: Sind die Bauern die bösen Buben?

© Patricia Blind

Rund 100 000 Kilometer Wasserläufe gibt es in Bayern, auf über 5200 Seen und Teiche stößt man hier. Doch wie steht es um die Erhaltung des "Wasserlandes"? "Trüb", findet der SPD-Abgeordnete Harry Scheuenstuhl. Die Staatsregierung habe in den letzten Jahren kaum etwas zur Verbesserung der Wasserqualität beigetragen.

So sind die Oberflächengewässer durch Mikroplastik und hohe Phosphatgehalte stark verunreinigt. Den Fischen macht nicht nur die Wasserverseuchung zu schaffen: Querbauwerke verhindern die Vermischung von Populationen. Von 80 fränkischen Fischarten stehen bereits rund 80 Prozent auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

Auch das Thema Hochwasser solle laut Scheuenstuhl nicht zu kurz kommen: Die SPD fordert eine Priorisierung des Hochwasserschutzes, welcher von vielen Kommunen häufig vernachlässigt werde. Idealerweise sollte der Freistaat sich auch um die Gewässer dritter Ordnung kümmern.

Alarmierende Prognose

Das größte Problem stellt, laut Scheuenstuhl, jedoch die hohe Belastung des Grundwassers dar, aus dem das Trinkwasser überwiegend gewonnen wird. Laut dem Landesamt für Umweltschutz (LfU) könnten bis 2021 rund 40 Prozent des bayerischen Grundwassers verschmutzt sein. Eine alarmierende Prognose, da übermäßiger Nitratkonsum krebserregend sein kann.

Neben stark sanierungsbedürftigen privaten Kläranlagekanälen sei die Belastung mehrheitlich auf eine intensive Landwirtschaft zurückzuführen, erläutert Scheuenstuhl. Über Abschwemmungen gerät das Nitrat aus Dünger und Gülle in Oberflächengewässer oder dringt durch den Boden ins Grundwasser ein. Besonders Mittelfranken sei von der Verschlechterung des Grundwassers betroffen: Die fränkischen Böden lassen das verunreinigte Wasser rasch durch, zudem verhindert der geringe örtliche Niederschlag einen Verdünnungseffekt. Der Abbau des angesammelten Nitrats könnte ganze fünf bis zehn Jahre dauern.

Im Rahmen der Diskussion wehrten Landwirte die Schuldzuweisungen ab. Immerhin halte man sich bei der Düngung an staatlich vorgegebene Richtlinien, jährlich müsse eine Nährstoffbilanz erbracht werden. "Die Wissenschaft unterstellt uns, dass die Zahlen, die sie uns gibt, nicht stimmen", fasste ein Landwirt zusammen. Es müsse zu einer Einigung in Sachen Düngeverordnungen zwischen LfU und Landwirtschaftsamt kommen. Zudem warnten die Landwirte vor Pauschalisierungen: Die Belastungsfaktoren sollten vor Ort individuell untersucht werden, schließlich beeinflussen auch geogene Ursachen das Nitrataufkommen.

Bürgermeister Kurt Krömer (SBG) sorgte für Entwarnung: Laut Stadtwerkberichten liege der Nitratwert des regionalen Trinkwassers bei drei Milligramm pro Liter und damit weit unter dem Grenzwert von 50. Seit Jahren zahle die Stadt Stein bereits Ausgleichungsleistungen an Landwirte, um der Belastung von Brunnenfassungen entgegenzusteuern.

Zur Kontrolle des Trinkwassers fördere Stein die Eigenwasserbestände. Hochbehälter sorgen zudem für einheitliche Qualität. 60 Prozent des Trinkwassers stammt von örtlichen Wasserversorgern. Somit liegt Stein über dem regionalen Durchschnitt: Das wasserarme Mittelfranken muss rund die Hälfte seines Grundwassers aus anderen Gebieten erwerben.

Auch Scheuenstuhl räumte ein, dass das Trinkwasser in Deutschland sehr gut sei – Filteranlagen in Privathaushalten seien daher nach wie vor überflüssig. Wäre die Qualität des Leitungswassers derartig gefährdet, "würden wir uns auf einem ganz anderen Niveau befinden."

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