Langenzenn: 21 "Luther"-Vorstellungen im Rückblick

30.7.2017, 16:00 Uhr
Langenzenn: 21

© Fotos: Hans G. Esterl

Zusammen waren sie bärenstark: Für das Reformationsspektakel "Luther" gingen die Mitglieder der Langenzenner Theatervereine Hans-Sachs-Spielgruppe und Klosterhofspiele in diesem Sommer gemeinsam auf die Bühnenbretter. Mit Erfolg: Sowohl die 14 regulären als auch die sieben geschlossenen Vorstellungen waren komplett ausgebucht. Macht rund 8800 Zuschauer. Auch für die Dernière am Samstagabend galt: Nichts geht mehr. Im FN-Gespräch zieht Sonja Soydan Bilanz. Im Brotberuf Mitarbeiterin im Fürther Wirtschaftsreferat, ist sie Mitglied des Klosterhof-Vorstandes und eine von 150 "Luther"-Mitwirkenden. Sie spielte einen Narren — und ist nun reif für die Nordsee.

 

Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte vor wenigen Tagen eine Liste mit den ihrer Meinung nach zehn interessantesten bayerischen Freilichtbühnen 2017. Darunter sind Dinkelsbühl, Pegnitz, Donauwörth. Langenzenn nicht. Wie sehr wurmt Sie so etwas?

Soydan: Gott ja, das sind immer so Statistiken. Für mich ist nicht wichtig, was in der Süddeutschen steht, sondern dass zufriedene Zuschauer aus unseren Vorstellungen rausgehen. Hinter Adressen wie Feuchtwangen und Dinkelsbühl müssen wir uns bestimmt nicht verstecken. Dass unser Ruf vor allem nach "Luther" in der Metropolregion gewachsen ist, reicht voll und ganz. Davon abgesehen, läuft bei uns ja wirklich alles auf ehrenamtlicher Basis, während manche andere Bühne auch Profis dazu holt.

 

Was haben Sie in all den Monaten der Vorbereitung über Martin Luther gelernt?

Soydan: Ich hatte den Riesenvorteil, als einer der drei Narren dem Publikum Luthers Leben, die Geschichte und ihre Zusammenhänge erläutern zu dürfen. In der Rolle habe ich selbst also auch einiges erfahren. Ich war zum Beispiel bis zu den Proben vollkommen überzeugt, Luther habe bei seinem Thesenanschlag einen Hammer verwendet. Hat er nicht. Und ich war sehr erstaunt, was für eine starke Persönlichkeit Luthers Ehefrau Katharina von Bora war. Sie kann auch 2017 für viele Frauen ein leuchtendes Beispiel sein.

 

Welche Bilder, welche Szenen werden Ihnen besonders in Erinnerung bleiben?

Soydan: Felix Reimann in der Hauptrolle ist wirklich klasse. Ganz zum Schluss, als es um den Bauernkrieg geht, sehen wir ihn verzweifelt, weil er Schuld verspürt, dass wegen ihm Leute sterben. Da hat Felix immer einen Gesichtsausdruck, der mich jedes Mal mitnimmt. Hin und wieder sind mir die Tränen gekommen, so anrührend ist das. Und ich war immer froh, dass ich danach nur noch zwei Sätze zu sagen hatte.

 

Bester Satz des Stückes?

Soydan: "Ich bin hindurch", sagt Luther, als er mit seinen Ideen vorstellig wird. Finde ich stark. Und: "Luther kam in die Welt, weil die Welt ihn gebraucht hat."

 

Was man in den Aufführungswochen verschiedentlich hörte, war: "Fast dreieinhalb Stunden, das ist ein bisschen viel."

Soydan: Habe ich auch gehört, ja. Eine so komplexe Geschichte kann man aber nicht so arg straffen. Und welche der vielen Lebensstationen willst du am Ende außen vor lassen? Außerdem war es doch recht abwechslungsreich für das Publikum: eine halbe Stunde in der Kirche, eine halbe Stunde auf dem Marktplatz, zweieinviertel Stunden im Kloster. Ich finde, das Stück hat diese Länge gebraucht.

 

Langenzenn: 21

Passend zu "Luther" die ketzerische Frage: Wann wird aus zwei Langenzenner Theaterensembles eins?

Soydan: Die Geschichte Luthers hat gezeigt: Neustrukturierungen brauchen ihre Zeit. Nicht nur ich, sondern sehr viele andere sind Mitglied sowohl bei den Klosterhofern als auch bei den Sachsern. Emotional sehe ich uns also gar nicht geteilt. Und wir hatten in allen Aufführungen sehr viel Spaß miteinander. Sagen wir mal so: Aus meiner Sicht ist eine Fusion für die Zukunft nicht unvorstellbar. Aber da muss man sich einfach mal in aller Ruhe zusammensetzen.

 

Wie sehr müssen Sie Regisseurin Gabriele Küffner noch überreden, weiterzumachen?

Soydan: Sie wird zunächst mit den Sachsern zusammenarbeiten. Eine Kooperation könnten wir Klosterhofer uns aber ebenfalls wieder vorstellen.

 

Was planen die Klosterhofspiele als nächstes?

Soydan: Die Sommerpause ist kurz, denn schon im September beginnen wir mit den Proben zu "Charleys Tante". Das ist die Produktion, die in diesem Sommer zum Zuge gekommen wäre, wenn es nicht "Luther" gegeben hätte. Frank Landua führt Regie, im Februar ist Premiere in der Zenngrundhalle Veitsbronn.

 

Ein Auswärtsspiel?

Soydan: Ja, wir sind dort zum ersten Mal. Die Halle hat uns sehr zugesagt, auch mit Blicks aufs Catering. Das probieren wir jetzt mal aus. Im Sommer 2018 wird es dann eine neue Regisseurin geben. Sue Rose, Theaterpädagogin am Stadttheater Fürth, hat ja schon Kindertheater bei uns gemacht. Für "Das Haus in Montevideo" von Curt Götz kann sie mit den Erwachsenen, mit den Klostermäusen und mit dem Jungen Ensemble zusammenarbeiten. Ich selbst werde mich 2018 wieder zu 100 Prozent dem Kindertheater zuwenden. Für "Max und Moritz" schreibe ich jetzt im Urlaub das Buch.

 

Ein Urlaub, der, lassen Sie uns raten, natürlich nach Eisenach führt. Oder doch eher nach Wittenberg?

Soydan: In Wittenberg war ich schon vor vielen Jahren. Nein, es geht nach St. Peter Ording, denn es wird höchste Zeit, die Seele baumeln zu lassen. 21 Vorstellungen sind ein Kraftakt für jeden, egal ob kleine Rolle, große Rolle oder Brotschmierer. Alle sind für diese Produktion ans Limit gegangen. Aber am nächsten Samstag frage ich mich bestimmt: Was mache ich heute?

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