Leben mit Down-Syndrom: Leonhard Ley verfolgt seinen großen Traum

20.4.2016, 11:00 Uhr
Leben mit Down-Syndrom: Leonhard Ley verfolgt seinen großen Traum

© F.: Budig

Bald wird es ernst, für Leonhard Ley. Ende April wird wohl über seine Anstellung entschieden. Der 20-Jährige ist seit mehr als einem Jahr als Praktikant im Fürther Rundfunkmuseum tätig – und hofft, dass es hier für ihn weitergeht.

Zu seinen Aufgaben, die er mit Freude und verlässlich erledigt, gehört das „Aufmachen des Hauses“, wenn morgens die Geräte eingeschaltet werden. Auch Staub soll täglich gewischt werden; im Sommer müssen früh die Stühle und Tische fürs Café raus. Danach macht er sich nützlich, wo Hilfe gebraucht wird. Ein Ratespiel für Besucher zum Thema „Disney“ hat er allein ausgetüftelt.

Die Kür in seinem Praktikantenalltag aber ist, wenn er dabei sein kann, wenn Kindergeburtstagsgruppen und Schulklassen Hörspiele produzieren. Hier ist Ley in seinem Element: Gruppen bespaßen, vor Menschen sprechen, fantasievoll sein. Museumspädagogin Brigitte Zeder sagt dazu lachend: „Der Leo ist eine echte Rampensau“, und gegen diese flapsige Einschätzung hat er nichts. Wenngleich er selbst sich so beschreibt: „Ich bin ein ruhiger, sozialer, kinderlieber Typ. Mein Führungsstil ist auf Kinder angelegt.“

Leonhard Ley ist in Zirndorf aufgewachsen, mit zwei jüngeren Geschwistern. Er kam mit dem Down- Syndrom zur Welt, besuchte den Montessori-Kindergarten, dann die Pestalozzi-Grund- und -Mittelschule. Ab der neunten Klasse kam er in die Schule der Lebenshilfe in Dambach. Er fing früh an, Praktika zu absolvieren: in einem Verpackungsbetrieb, einer Großküche, einem Elektronik-Discounter.

Sein größter Wunsch ist eine Festanstellung im Museum im sogenannten „ersten Arbeitsmarkt“. Ein schwieriges Anliegen für das Museum und seinen Träger, die Stadt Fürth: Erst kürzlich mussten Stellen gestrichen, Stunden reduziert werden. Auch kann man nicht umhin, festzustellen, dass Ley spezielle Führung braucht. „Ich kann einiges, sogar viel. Keiner kann alles“, sagt er selbst dazu. Ein Arbeitsplatz in einer „behüteten Werkstatt“ ist für ihn unvorstellbar.

Denkbar ist jedoch eine Zwischenform: ein „Außenarbeitsplatz“. Dabei bliebe er formell an einen Träger wie die Lebenshilfe gebunden, arbeitet jedoch an anderer Stelle. Er würde weiterhin unterstützt werden von der Firma Access, die die Integration von Menschen mit Behinderung ins Arbeitsleben begleitet.

Eine Voraussetzung für die gelungene Berufsintegration ist der passende Arbeitsplatz: „Der Leonhard ist ein kreativer Intellektueller, ein Denker, kein Handwerker oder Hilfsarbeiter“, sagt Mutter Beatrice Ley. „Der Arbeitsalltag eines Museums kommt Leo sehr entgegen“, bestätigt Jana Stadlbauer, stellvertretende Museumsleiterin, lächelnd.

Damit er klarkommt, wurden Regeln mit den Jobcoaches von Access eingeübt: pünktlich sein, auch unangenehmere Aufgaben wie Staubwischen gründlich erledigen, sich selbst eine Tätigkeit suchen, wenn eine Aufgabe erfüllt ist. Ley arbeitet von 9 bis 14 Uhr, gerne würde er länger da sein, „so wie meine Kollegen“. Schon jetzt hilft er am Wochenende oder abends, wenn Besonderes ansteht.

Die Angestellten arbeiten gerne mit ihm zusammen. „Dieses Inklusionsprojekt hat das Gefüge im Team positiv verändert“, sagt Stadlbauer. Sie unterstützt wie Museumsleiter Danny Könnicke Leonhards dauerhafte Beschäftigung. Für den Außenarbeitsplatz müsste die Stadt eine Kostenstelle schaffen. „Inklusion von Behinderten ins Arbeitsleben muss sich eine reiche Gesellschaft wie wir leisten“, meint Familie Ley. Grundsätzlich sieht das auch Oberbürgermeister Thomas Jung so, der darauf verweist, dass es in Fürth schon einige solcher Außenarbeitsplätze gibt, etwa im Samocca-Café.

„Menschlich ein Gewinn“

Martin Schramm, Leiter der Fürther Museen, muss am Ende sehen, ob aus Wünschen Wirklichkeit wird. „In jedem Fall ist Herr Ley menschlich ein Gewinn für das Haus“, stellt er klar. „Schwieriger ist jedoch die Finanzierung. Fördermöglichkeiten zu finden, ist leider nicht so einfach.“ Die Kosten für eine Beschäftigung würden sich auf einen mittleren vierstelligen Betrag belaufen. Auf Dauer könne sich das Museum das nicht ohne Weiteres leisten. Vor kurzem wurde das Praktikum bis Ende 2016 verlängert. Die Zeit will man nutzen, so lautet die gute Nachricht, um eine dauerhafte Lösung zu finden.

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