Liebe geht durch den Kasten

8.9.2014, 09:00 Uhr

Schon 1985 mahnte die Post mit ihrem flotten Slogan „Schreib mal wieder“, die hungrigen gelben Dinger zu füttern. Heißt also: Vor 29 Jahren machte sich erstmals gähnende Leere breit in Deutschlands Briefkästen. 2014 regiert die Generation Facebook-Twitter-Smartphone, man kommuniziert extrem kurzatmig, Briefe und Karten schreiben nur noch ältere Lehrertypen mit Sockenschuss. Außerdem ist so ein Briefkasten nur sehr schwer ans Ohr zu halten, hat zu wenig Tasten und einen miesen Sound — also, was soll das Ding noch?

Immerhin harrt ein einsamer Säulen-Briefkasten im Fürther Hauptbahnhof geduldig aus. Vielleicht kommt er irgendwann nochmal ganz groß raus, zum Beispiel als Leichenfundort im FrankenTatort, man kann nie wissen. Neuerdings aber ziert seine Einwurfklappe — für junge Leser: die Input-Konsole — eine handgeschriebene Botschaft, sie lautet: „Oh Gott, dieser Liebesscheiß.“ Das kann mancherlei bedeuten. Etwa: Der Briefkasten fühlt sich nicht mehr geliebt und lässt uns das alle deutlich wissen. Kann aber auch heißen: Der für den Briefkasten zuständige NSAMitarbeiter ist es endgültig leid, immer nur Post auswerten zu müssen, in denen es um die Liebe, die Liebe und die Liebe geht.

Eine scheißglückliche Stadt, dieses Fürth.

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