Lieber zu spät als gar nicht

14.12.2009, 00:00 Uhr

Es überrascht nicht, dass der Abend unter dem Motto «Lieber mit Verspätung als gar nicht» stand. Denn der in Bagdad geborene Schauspieler feierte seinen «Runden» bereits am Neujahrstag 2009. Die Idee für den Leitspruch lieferte die langjährige Stadttheater-Regieassistentin Friederike Pöhlmann-Grießinger, mit der Eugen im vergangenen Jahr das Theaterprojekt «Kunst und Drama» gründete.

Sein Wirken in Dullnraamer-Sitzungen, Produktionen der Fürther Bagaasch oder des TKKG bescheren Eugen den Status eines Lokalmatadors. Auch als Film- und Fernsehmime ist er gefragt. Fünf Kurzfilme wurden auf der Geburtstagsrevue präsentiert, darunter «Kein schöner Land» von Frank Becher, der im internationalen Forum des diesjährigen Filmfestivals der Menschenrechte in Nürnberg lief.

Zeitkritischer Zweiakter

Zur Schauspielerei kam Eugen mit Verspätung. Denn zuerst gab es den Lebensplan, Abenteurer zu werden. Waren die 80er Jahre von Reisen durch Afrika geprägt, so standen die 90er unter dem goldenen Licht der Sonne Kaliforniens. In der Filmmetropole Los Angeles besuchte Eugen ein Film-Acting-Training und Theaterpremieren. Eine war Drew Katzmans 1993 geschriebenes Stück «Kleine Gefängnisse – Große Fluchten».

Eugen war so begeistert von diesem zeitkritischen und skurrilen Zweiakter, dass er sich kurzerhand die deutschen Rechte sicherte. Seither ist die deutsche Erstaufführung sein Wunschprojekt. Am Freitag konnte das Publikum schon mal vorkosten. Mit Pöhlmann-Grießinger und Andrea Burger ließ Eugen die Zuhörer der szenischen Lesung in den Genuss der Katzmanschen Dekonstruktion der Ideologien der Arbeits- und Konsumwelt kommen.

Weil Bayern München mal wieder verloren hat und sie nicht mehr dem optischen Maßstab des neuen Firmenkonzepts entspricht, wird Silke Wolf von ihrem Chef entlassen, nein: «freigesetzt». Doch sie nimmt ihr Schicksal nicht, wie von ihr verlangt, «mit Fassung und Würde», sondern setzt sich zur Wehr, schließt sich mit ihrem Chef in seinem Büro ein und stellt ihn zur Rede. In diesem kleinen Gefängnis schafft sie es, die formelhafte, technizistische Sprache ihres Chefs zu durchbrechen und, wenn auch nur für einen Moment, den Menschen dahinter hervorzulocken.

Lindas blaue Blume

Dass im Herzen die Freiheit keimt, zeigt die Szene mit Richard und Linda. Das Ehepaar ist gefangen in einer Welt aus Konsumartikeln. Jeder sietzt vor seinem eigenen Fernsehgerät, die Konversation beschränkt sich aufs Zurufen interessanter Werbesendungen. Bis Linda ein Gedanke kommt: Sie will einen Garten mit einer blauen Blume haben. Richard kann nicht glauben, dass dieser Wunsch ganz unabhängig vom Fernsehprogramm entstanden ist. Er versucht, bis zur Gewaltandrohung den Status quo zu sichern und seine Frau von dem scheinbar subversiven Vorhaben abzuhalten. Doch sie lässt sich nicht aufhalten und will nur noch der Stimme ihres Herzens folgen.

Die Uraufführung von «Kleine Ge-fängnisse – Große Fluchten» soll nun in Angriff genommen werden. Aber man weiß ja: «Lieber mit Verspätung als gar nicht.» KATJA HARTOSCH