Mehr als sechs Millionen Dokumente

Mammut-Projekt belebt ostfränkischen Dialekt

19.11.2012, 13:00 Uhr
Alfred Klepsch, Arbeitsstellenleiter des "Ostfränkischen Wörterbuchs" in Fürth, beschäftigt sich intensiv mit dem umfangreichen Mundart-Archiv, darunter Wortschatz-Fragebögen aus dem Jahr 1927.

© Billmeier, Montage: Hava Alfred Klepsch, Arbeitsstellenleiter des "Ostfränkischen Wörterbuchs" in Fürth, beschäftigt sich intensiv mit dem umfangreichen Mundart-Archiv, darunter Wortschatz-Fragebögen aus dem Jahr 1927.

Unzählige Akten, Fragebögen und Bücher aus mehr als 90 Jahren säumen die Wände im neuen Büro von Alfred Klepsch (58). Akribisch geht der Arbeitsstellenleiter und Linguist die einzelnen Ordner im Technikum 1 in der Dr.-Mack-Str. 81 durch, sichtet Begriffe und erweitert sein „Ostfränkisches Wörterbuch“ — eine Sammlung des lokalen und regionalen Dialekts.

„Das ostfränkische Sprachgebiet beinhaltet die bayerischen Regierungsbezirke Mittel-, Unter- und Oberfranken. Aber auch in Hessen, der Pfalz und dem Norden von Baden-Württemberg ist der ostfränkische Dialekt heimisch“, erklärt Klepsch. Er bezeichnet sich als Redaktor, einen „Sammler mundartlicher Wortbelege“. Seit 2003 kümmert er sich um die Schriften, zuerst in Bayreuth, nun dank einer Kooperation der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der FAU im Technikum in Fürth.

„Riesiger Berg voller Arbeit“

Bereits 1913 begann die Archivierung von Akten für das „Ostfränkische Wörterbuch“. Erhebungen wurden systematisch von 1927 bis 1941 sowie von 1960 bis 2001 anhand von Fragebögen durchgeführt. Insgesamt beteiligten sich mehr als 10000 Menschen, sogenannte Gewährsleute, an der Aktion. „All diese Informationen sollen digitalisiert werden, um jedermann in einer Online-Datenbank zur Verfügung zu stehen“, erläutert Klepsch das ehrgeizige Vorhaben.

Viel Arbeit für den Linguisten und seine Sekretärin, die das Projekt derzeit zu zweit vorantreiben. „Allein die Auswertung und Bearbeitung der Dokumente der Jahre 1960 bis 2001, 48219 ausgefüllte Bögen mit je 50 Fragen, wird rund zwölf Jahre in Anspruch nehmen“, rechnet der Erlanger Privatdozent vor. Zusätzlich gebe es rund eine Million Einzelzettel mit Begriffen, von „freien Sammlern“ eingeschickt, und unzählige weitere Akten, die ebenfalls digital archiviert werden sollen.

Trotzdem könnte der Online-Wortschatz schon im kommenden Jahr teilweise abrufbar sein. „Ein Grundbestand von 4000 Begriffen mit Unterkategorien ist bereits angelegt“, sagt Klepsch. An der bayerischen Akademie der Wissenschaften tüftele man bereits an einer geeigneten Datenbank-Software. Das „Ostfränkische Wörterbuch“ werde dann sukzessive durch die Arbeitsstelle erweitert. Jedes belegte Wort wird mit seiner Bedeutung, Verbreitung, Verwendungsweise und seinen grammatikalischen Eigenschaften aufgenommen.

Um diesen „riesigen Berg voller Arbeit“, so Klepsch, zu bewältigen, hofft er nun auf weitere Unterstützung durch Mitarbeiter oder Studenten. Dann hätte er endlich Zeit für einige seltene Werke, darunter eine vollständige Aufzeichnung des Erlanger Dialekts während des zweiten Weltkriegs, eine in dieser Form einzigartige Sammlung.

Startschuss für das Projekt

Eine andere Art der Digitalisierung ist bereits in vollem Gange. In München werden alle Akten, Dokumente und Fragebögen, aber auch Bücher und Schriftstücke aus dem 18. Jahrhundert, physisch gesichtet. Jede Seite wird eingescannt, abfotografiert und archiviert. Ein riesiger, aber nötiger Aufwand, weiß der Linguist: „Bereits zweimal ist Wasser in unser neues Archiv eingedrungen.“ Glücklicherweise sei aber nichts zerstört worden, die durchweichten Ordner waren nicht befüllt.

Am kommenden Mittwoch, dem 21, November, wird dann der Startschuss für das Akademieprojekt gegeben. Der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung sowie Karl-Heinz Hoffmann, Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, und Karl-Dieter Grüske, Präsident der FAU, weihen die neue Arbeitsstelle des „Ostfränkischen Wörterbuchs“ ein und werfen einen Blick in das Archiv.

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