Margot Käßmann macht den Dekanats-Frauen Mut

25.6.2014, 11:00 Uhr
Margot Käßmann macht den Dekanats-Frauen Mut

© Peter Romir

„Unseren heutigen Gast müssen wir gar nicht vorstellen“, meint Andrea König vom Frauenwerk Stein. „Immerhin ist sie laut Umfrage die drittbekannteste Persönlichkeit der evangelischen Kirche – nach Jesus und Martin Luther!“

Die Rede ist natürlich von der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden und Landesbischöfin Margot Käßmann. Die fühlt sich sichtlich wohl in Stein und im Kreis der knapp 50 bayerischen Dekanats-Frauenbeauftragten. Die Damen wurden von ihren Gemeinden gewählt, um sich ehrenamtlich um die Belange der Frauen und die Gleichberechtigung zu kümmern.

Kein leichter Job, wie sich herausstellt: „Oft hören wir – auch von Frauen – dass unser Amt überholt sei, weil die Gleichberechtigung doch längst erreicht sei.“ In der Praxis sieht das anders aus, wie auch Käßmann bestätigt: „Da muss man sich ja nur mal die Gehaltslisten der Festangestellten der evangelischen Kirche ansehen – da sind Frauen noch immer benachteiligt. Auch die Verbindung von Familie und Beruf ist bei uns noch lange nicht gelöst, genauso wenig wie die Themen Gewalt und sexuelle Belästigung.“ Umso erstaunlicher, dass es bei den aktuellen Feiern zum Reformationsjubiläum zwar ganze Themenjahre zu Kirche und Kunst, Kirche und Politik oder Kirche und Europa gab – aber keines zum Thema Frauen. „Dabei ist eine evangelische Kirche ohne Frauen nicht vorstellbar – und das von Anfang an“, meint Käßmann.

Sie verweist dazu auf Luthers Zeitgenossinnen Elisabeth von Rochlitz, Caritas Pirckheimer oder Argula von Grumbach, die die Sache der Reformation aktiv vorantrieben und zum Teil im regen Briefwechsel mit Luther standen: „Argula schrieb sogar: ,Selbst wenn Luther widerruft – an meiner Meinung ändert das nichts.’“

Auch heute noch haben die Frauen einen großen Einfluss auf die evangelische Kirche: „Er könnte nur oft deutlicher sichtbar gemacht werden“, meint Käßmann. So haben sie etwa beim interreligiösen Dialog die Nase vorn „Statt gleich um die großen theologischen Fragen zu streiten, schaffen es Frauen viel leichter, Annäherung über Alltagsthemen zu erreichen – etwa übers Kochen, die Kindererziehung oder den Umgang mit Geld.“

Eine Erfahrung die viele der Dekanats-Frauen bestätigen können, sowohl im Umgang mit muslimischen als auch mit katholischen Gläubigen. Zudem schafften es Frauen in den vergangenen Jahren, durch weltnahe Aktionen die Menschen wieder für die Kirche zu gewinnen. Etwa über Alleinerziehenden-Cafés oder Frauen-Mahle, bei denen gemeinsam gegessen und diskutiert wird.

Riesiger Zulauf

„Wir sollten da ruhig noch mutiger sein“, meint Käßmann. „Zu oft wird der Blickpunkt auf die Schwächen gelegt – wir werden weniger, älter, ärmer. Dabei können wir durchaus noch immer etwas erreichen, selbst dort wo Christen in der Minderheit sind.“ So haben beispielsweise die evangelischen Schulen in Ostdeutschland riesigen Zulauf, obwohl die meisten Menschen dort mit Religion nichts am Hut haben. „Sie sind aber nichts gegen den Glauben“, betont Käßmann. „Er ist ihnen meist nur völlig unbekannt.“

Das illustriert die prominente Marburger Rednerin mit einer Anekdote aus ihrer Anfangszeit in Berlin, wo die Christen mit 30 Prozent der Bevölkerung eine Minderheit sind: „Bei der Registrierung im Amt fragte mich die Beamtin nach meinem Beruf. Ich sagte, Pfarrerin. Daraufhin schrieb sie ,Fahrerin’ in ihr Formular und stellte die nächste Frage auf ihrem Blatt: „Gehören Sie einer Religionsgemeinschaft an?“

Insgesamt verbreitet der Abend, der übrigens auch von einer Handvoll Männer und Katholiken besucht wurde, eine optimistische Stimmung, gerade im Hinblick auf das Reformations-Jubiläum: „Das soll keine rückwärts gewandte Heldenverehrung werden“, sagt Käßmann, „sondern ein internationales, ökumenisches Ereignis, das uns einen kräftigen Schub in die Zukunft gibt.“

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