Maßgeschmiedetes Rüstzeug

LANGENZENN - Richtige Ritter hatten Rüstungen. Das weiß jedes Kind. Noch nicht ganz so bekannt ist, dass René Kohlstruck in Langenzenn exklusive Maß- und Sonderanfertigungen von Harnischen und historische Repliken macht. Ein Blick in die Werkstatt von „Eysenkleider“.

Brustpanzer und silbrige Beinschienen mit kompliziert erscheinenden Scharnieren hängen an der Wand. Eisenschuhe mit galanten Spitzen baumeln zierlich an Haken. Ein Helm mit heruntergeklapptem Visier steht auf der Werkbank. In René Kohlstrucks Werkstatt wären Ivanhoe und Götz von Berlichingen in einen Kaufrausch gefallen: Denn hier wird nachgebaut oder entworfen, was immer an Harnischen gewünscht wird.

Vor zwei Jahren zog Kohlstruck mit seinem Spezialbetrieb vom Fürther Vorort Stadeln in die Scheune des alten Bauernhofs im Herzen von Langenzenn. Hätte der gelernte Metallgestalter vor rund 500 Jahren gelebt, wäre er wohl Plattner gewesen, ein auf die Herstellung von Plattenpanzern spezialisierter Schmied. Doch dieses Handwerk ist schon lange ausgestorben. Für wen also fertigt der 32-Jährige heute Rüstungen an?

Fans mit hohem Anspruch

„Zu uns kommen zum Beispiel Fans aus dem Hobbybereich, die in sogenannten Reenactments geschichtliche Szenen möglichst authentisch nachstellen.“ Andere träumen von Fantasy-Rüstungen für Rollenspiele oder benötigen Film- und Bühnenrequisiten. „Wir restaurieren aber auch historische Repliken, die originalgetreu von Hand geschmiedet werden“, erklärt René Kohlstruck, der zwei Vollzeit-Mitarbeiter und immer wieder Praktikanten und Helfer beschäftigt. „Wir haben einen sehr hohen Anspruch“, sagt der Chef. „Die Blech-Bearbeitung ist unsere Stärke.“

Bei „Eysenkleider“ wird nach Maß produziert. „Im Mittelalter war das eher die Ausnahme“, weiß Kohlstruck. Im 15. Jahrhundert hatte sich eine regelrechte Industrie in diesem Bereich entwickelt, historische Rechnungen und Lieferscheine belegen das. Seit vielen Jahren forscht und informiert sich der Experte. In Museen und Sammlungen sieht er sich ganz genau an, wie seine Vorgänger gearbeitet haben.

In der Technik der Herstellung habe sich grundsätzlich in seiner Werkstatt nicht allzu viel geändert. Im übrigen empfehle es sich nicht, heute einen allzu übertriebenen Perfektionismus an den Tag zu legen: „Das sieht dann einfach nicht mehr echt aus.“ Was man von seinen Arbeiten wahrhaftig nicht sagen kann. Die hätten gut und gerne vor langer Zeit hervorragend für edle Ritter in Turnieren getaugt.

Schwerter allerdings wird man von Kohlstruck nicht bekommen: „Die schmieden wir nicht. Ich weiß, wie es geht, aber da bräuchten wir andere Werkzeuge.“ Auch das Material für Kettenhemden produziert er nicht selbst. Dafür werden hier feine Zierleisten, die etwa einen Helm schmücken können, aus Messing von Hand gemacht. Ebenso Schnallen, etwa für die Befestigung von Harnischteilen. Und auch wenn sie im Mittelalter in punkto Rüstung meist zu kurz kamen, bekommen Frauen heute bei „Eysenkleider“ selbstverständlich Passendes nach Wunsch angefertigt.

Was kostet so ein kompletter Harnisch? „In einer einfachen Ausführung um die 3000 Euro“, erklärt René Kohlstruck. Die Preise richten sich nach der angefallen Arbeit. An einem Helm sitzt er auch schon mal mehrere Wochen. Das Material ist meist relativ günstig – obwohl es auch schon vergoldete Rüstungen gab. Reich wird man in seinem besonderen Metier nicht. „Es ist wie bei jedem Selbstständigen“, sagt Kohlstruck, „man schlägt sich durch.“

Beim Basteln geblieben

Dafür hat er sich mit seinem Nischen-Unternehmen einen Traum erfüllt. Schon als Schüler an der Ullstein-Realschule in Fürth kam er mit Live-Rollenspielen in Berührung: „Freunde sagten zu mir, hey, kannst du mir dafür was basteln. Das hab’ ich gemacht und blieb dabei.“ In Seukendorf absolvierte er bei Weber und Hermann seine Lehre und wagte anschließend sofort den Sprung in die Selbstständigkeit.

Dass in Langenzenn die Harnisch-Kunst im 21. Jahrhundert eine unverhoffte Blüte erlebt, spricht sich herum. So hat René Kohlstruck unter anderem für den SWR eine Reproduktion der legendären eisernen Hand des Götz von Berlichingen hergestellt.

Und da gibt es wirklich keinen Zweifel: Auch für diese Arbeit hätte der Ritter, der bekanntlich klare Ansagen liebte, ausschließlich lobende Worte gefunden.