Mega-Erfolg: "bodies in urban spaces" in Fürth

11.6.2018, 11:31 Uhr
Mega-Erfolg:

Menschen sind Gewohnheitstiere. Was wir kennen, nehmen wir irgendwann nicht mehr wahr. Die Bänke in der Fußgängerzone, nur so zum Beispiel. Heute klemmen da ein paar bunt gekleidete Gestalten unter der Sitzfläche. Stört das die Frau, die sich in diesem Moment gemütlich niederlässt? Schaut sie überhaupt hin? Nein. Vielleicht ist dieser Effekt das eigentlich Grandiose an Willi Dorners "bodies in urban spaces". Der österreichische Choreograf bringt mit seinem Mega-Projekt einen fantastischen Augen-Öffner in die Stadt, der sich auch in Fürth für alle, die sich darauf einließen, als magisch entpuppte. Dreimal bewegte sich der Kunst-Trupp durch die City und von Mal zu Mal folgten mehr Menschen den Akteuren. Die Tour wurde zu einem Fürth-Erkundungs-Spaziergang auch für die, die zu Recht von sich behaupten können, jeden Winkel wie die eigene Hosentasche zu kennen.

Insgesamt 20 Tänzer, Akrobaten und Parcours-Läufer gehören zum Team. Sie sind den Zuschauern beim Rundgang stets ein paar Schritte voraus. Den Vorsprung nutzen sie, um sich in schmale Fensteröffnungen zu quetschen, kopfüber hinter Straßenschilder in atemberaubende Klemmpositionen zu gehen oder um über Brüstungen abzuhängen. Gekleidet in bunte Kapuzenshirts, Trainingshosen und Sneaker verwandeln sich die Akteure für einen flüchtigen Augenblick in Skulpturen.

Sie werden Teil der Stadtlandschaft, verschmelzen mit Bauten und kitten, was brüchig ist. Da ist etwa dieser Spalt zwischen zwei Häusern in der Gustavstraße. Dunkel ist dieser Zwischenraum und sinnlos. Jetzt haben sich zwei Wesen in diesen Engpass gezwängt — und plötzlich ist eine merkwürdig befriedigende Verbindung geschaffen an diesem Un-Ort, der sonst allenfalls Schmutz und Staub anzieht.

Das Performance-Projekt ist ein Beitrag des Kulturamts zum 200. Geburtstag der Fürther Eigenständigkeit, das von der Tanzzentrale Region Nürnberg als Kooperationspartner mitgetragen wird. Die Choreografie, die dahinter steckt, ist ausgefeilt und erprobt.

Der weltweit agierende Choreograf Willi Dorner entwickelte das Konzept bereits 2007. Seither haben die "bodies in urban spaces" in mehr als 100 Städten für Aufsehen gesorgt. In Fürth hat Esther Steinkogler, eine versierte Choreografin aus Dorners Compagnie, den Auftritt in allen Details geplant und vorbereitet. Die Mitwirkenden, die nach einer Casting-Ausschreibung gefunden wurden, kommen aus der ganzen Welt, aber auch aus der Region.

Ihr Geschenk zum Fürther Jubiläumsjahr ist ein neuer Blick auf scheinbar Vertrautes. Die Menschenknäuel, zu denen sich die Künstler zusammenbasteln, lenken die Aufmerksamkeit an Stadtpunkte, die kaum je Beachtung finden. Doch das ist längst nicht alles. Plötzlich öffnen sich Fenster, Leute werden spontan aufmerksam, schließen sich der Tour an, Gespräche mit Fremden entspinnen sich . . . Die Stadt lebt. Überall.

 

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