Mit Bukowski ins Filmstudio

15.11.2018, 06:00 Uhr
Mit Bukowski ins Filmstudio

© Foto: Daebel

"Niemals hätten wir das erwartet", sagt Stephan Singer. Er ist Deutschlehrer und hatte in seiner damals noch neunten Klasse im Rahmen des Unterrichts Videos drehen lassen. Das Lernziel war, sich mit verschiedenen Epochen der Literaturgeschichte intensiv auseinanderzusetzen. Den Auftrag an die Schüler hatte er klar formuliert: "Bildet Kleingruppen, wählt ein Gedicht und verfilmt dessen Inhalt. Anschließend erklärt noch, welcher Epoche die Verszeilen zuzuordnen sind und warum."

So entstanden insgesamt acht Filme mit einer Länge von jeweils drei bis fünf Minuten. Innerhalb von zwei Wochen mussten die Beiträge fertiggestellt werden. Dann setzte sich die Klasse zusammen, schaute einen Film nach dem anderen; anschließend durften alle jedes Video in insgesamt zwölf Kategorien bewerten. Am Schluss gab es zwei klare Film-Favoriten. Deren Macherinnen bekamen für ihren Beitrag eine glatte Eins, und Lehrer Singer reichte die Filme beim Videowettbewerb ein.

Beide Streifen kamen bayernweit unter die 30 Besten. Mit insgesamt 120 Bewerbungen war die Konkurrenz groß. Aufs Siegertreppchen schaffte es schließlich das Video von Jasmin Engelhardt, Lisa Gaida und Celine Reeß (15). Sie hatten das Gedicht "The girl on the Escalator" von Charles Bukowski in Ton und Bewegtbild umgesetzt und schafften es damit in der Kategorie "Beste Idee" auf den zweiten Platz.

Lisa Pöpel und Leoni Jungkunz (15) hingegen hatten sich für "Sehnsucht" von Joseph von Eichendorff entschieden. Sie ergatterten zwar keine weitere Platzierung, waren von der Preisverleihung im Gloria-Palast in München trotzdem vollauf begeistert.

"Richtig nobel"

"Es war richtig nobel", betont Leonie. Und keine von ihnen hätte erwartet, dass man so viel Aufwand für das Event betreiben würde. Entsprechend geehrt hätten sich die Mädchen gefühlt. Dass Jasmin, Lisa und Celine mit ihrem zweiten Platz dann auch noch einen Gutschein für eine exklusive Führung durch die Bavaria Filmstudios mit ihrer gesamten Klasse gewonnen haben, hat den Abend gekrönt.

Vom Lerneffekt der Gedichtverfilmung sind die Schülerinnen überzeugt. "Durch das Verfilmen bekommt man einen besseren Bezug zum Thema und kann es sich besser merken", sagt Jasmin. Außerdem sei diese Art des Lernens lebendiger, als den Stoff trocken im Unterricht durchzunehmen. Ob es den Aufwand wert gewesen ist? "Ja, auf jeden Fall. Wir hatten unglaublich viel Spaß und haben viel gelacht, wenn mal etwas nicht geklappt hat", erzählt Lisa. Sie war mit Leoni zu deren Großeltern ins oberfränkische Buttenheim gefahren, um die malerische Landschaft der Fränkischen Schweiz für die Umsetzung von Eichendorffs Sehnsuchts-Gedicht zu nutzen.

Angespornt von ihrem Wettbewerbs-Erfolg, freuen sich die fünf Mädchen, die mittlerweile in der 10. Klasse sind, schon auf das nächste Filmprojekt im Deutschunterricht. Auf dem Lehrplan stehen die verschiedenen Literatur-Gattungen, wie Lyrik, Epik, Dramatik. Lehrer Singer liebäugelt schon damit, sich diesem Thema erneut mittels Erklärvideos zu nähern.

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