Mit dem Kaktus zu den Sternen

22.4.2014, 11:00 Uhr
Mit dem Kaktus  zu den Sternen

© Joachim Sobczyk

Gleich zu Beginn ein echter Klassiker: „Veronika, der Lenz ist da“ hallt es aus den wohlgeölten Kehlen von Olaf Drauschke (1. Bariton), Holger Off (1. Tenor), Wolfgang Höltzel (Bass), Phillip Seibert (2. Bariton) und Ralf Steinhagen (2. Tenor). Gemeinsam mit Horst Maria Merz, der am ebenso gut gestimmten Bösendorfer-Flügel begleitete, sind sie die Berlin Comedian Harmonists. Natürlich ist es kein Zufall, dass der Name an eben jene Comedian Harmonists erinnert, die von 1928 bis 1935 zu einem international bekannten Vokalensemble aufstiegen, bevor sie die kulturelle Gleichschaltung im Nationalsozialismus zu getrennten Wegen zwang: Drei der sechs Musiker, die als „Nichtarier“ galten, gründeten die Exilgruppe „Comedy Harmonists“ und lösten sich schließlich 1941 auf. Im selben Jahr wurde mit der Erteilung eines Auftrittsverbotes auch das Ende des in Nazi-Deutschland verbliebenen Teils besiegelt.

Neben ihrem Lenz-Hit wurden die großen Vorbilder der Berlin Comedian Harmonists vor allem durch Evergreeens wie „Wochenend’ und Sonnenschein“, „Eine kleine Frühlingsweise“ oder „Mein kleiner grüner Kaktus“ bekannt. Große Fußstapfen also, in die die „neuen“ Comedian Harmonists seit 1997 treten. Dass sie das Zeug dazu haben, zeigt ihr stilvoller Auftritt, der sie wieder mal ins Stadttheater führte und der ausnahmslos vorm heruntergelassenen roten Vorhang über die Bühne geht. Auf diese Weise erobern sich die Herren im Frack die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums, mit der sie gekonnt umzugehen wissen: Ihre unverwechselbare Mimik und Gestik sowie ihr humoristisches Potential nehmen dem Konzert jegliche Steifheit.

So beginnt die Performance von „Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn“ mit einem täuschend echt krähenden Pianisten, während zu „Ich hab’ für dich ’nen Blumentopf bestellt“ Grünzeug im Miniaturformat aus den Fracktaschen hüpft. Bei Max Raabes „Kein Schwein ruft mich an“ beweisen die Berlin Comedian Harmonists schließlich Eigenironie, als sie kurzerhand „Keine Sau interessiert sich für uns“ singen und „Vielleicht singen wir so schlecht?“ fragen. Nein, musikalisch gibt es an diesem Abend nichts auszusetzen.

Auch den überwiegend älteren Zuhörern gefällt’s. „Die sind schon einmalig!“ heißt es da etwa. Nur teilweise einmalig sind indessen jene Geschichtchen, die die Musiker zwischen den Liedern zum Besten geben. Der Kalauer vom Fernsehdreh im Wattenmeer („Watt?“) etwa hat längst einen Bart. Erfreulicher fällt da schon das herzbewegende Plädoyer für die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe aus.

Das Debüt-Album der Berlin Comedian Harmonists für die Deutsche Grammophon, „Die Liebe kommt, die Liebe geht“, ist vor wenigen Tagen erschienen.

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