Mit der Kinderbewahranstalt fing vor 120 Jahren alles an

11.7.2014, 06:00 Uhr
Mit der Kinderbewahranstalt fing vor 120 Jahren alles an

© Brigitte Riemann

Am 7. März 1894 versammelten sich 20 Männer im Cadolzburger Gasthaus Bauer, darunter der damalige Bürgermeister Hans Brandstätter, die beiden Pfarrer, der Lehrer sowie etliche örtliche Honoratioren. Der Grund ihrer Zusammenkunft war die Gründung des „Wohltätigkeitsvereins Cadolzburg“, dessen vorrangiger Zweck zunächst die finanzielle Unterstützung der örtlichen „Kinderbewahranstalt“ sein sollte.

1888 war der Vorläufer eines Kindergartens in der Löffelholzstraße eröffnet worden, damit die Töchter und Söhne der Bauern betreut wurden, während ihre Mütter auf dem Feld arbeiteten.

Auch wenn der Name dieser ersten Cadolzburger Kita heute etwas seltsam anmutet, war dies für die damalige Zeit eine seltene und moderne Errungenschaft, insbesondere für einen kleinen Marktflecken wie Cadolzburg.

Die Herren des Vereins beschlossen auch gleich einen Weg, um an das nötige Geld heranzukommen: Eine Glücksbude sollte dazu beitragen, dass alle Cadolzburger den Verein unterstützen.

Damit begann eine Erfolgsgeschichte: Mit über 400 Mitgliedern präsentiert sich der „Evangelische Gemeinde- und Wohltätigkeitsverein Cadolzburg“ heute als ein vitaler Zusammenschluss. Dabei ist die Kinderbetreuung mit der fünfgruppigen Kindertagesstätte „Zur Heiligen Heid“ nach wie vor ein Schwerpunkt des Wirkens.

Bereits 1910 entstand das zweite Standbein, die ambulante Krankenpflege. In der Chronik findet sich für 1953 der Eintrag, dass Schwester Frieda Beißer 1207 Pflegebesuche, 21 Nachtwachen und 67 Altenpflege-Einsätze mit dem Fahrrad bewältigt hat. Bis 1982 fuhren die Schwestern der Diakoniestation noch mit dem Rad zu den Kranken und Pflegebedürftigen in und um Cadolzburg. Genauso unermüdlich sind auch heute noch die Mitarbeiterinnen der Station unterwegs, wenn auch etwas bequemer mit dem Auto.

Den bisher größten Kraftakt in seiner Geschichte stemmte der Verein Mitte der 80er Jahre. Er beschloss den Bau eines Altenpflegeheims sowie den Neubau des Kindergartens. 1989 wurde das „Haus der Diakonie“ mit 30 Betten eröffnet und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Pfarrer Michael Büttner, der Kraft seines Amtes Vorsitzender des Vereins ist, ist stolz auf die gute Versorgung in dem Pflegeheim, das mit derzeit 29 Plätzen eine fast schon familiäre Atmosphäre bietet und sich damit deutlich von den großen Heimen anderer Träger unterscheidet. Die mangelnde Größe wäre dem Haus der Diakonie aber auch fast zum Verhängnis geworden: „Aufgrund der aktuellen staatlichen Auflagen sind unsere Zimmer zu klein für eine Doppelbelegung geworden. Ohne diese können wir jedoch nicht kostendeckend arbeiten.“

Doch es wurde eine Lösung gefunden, die wieder so innovativ ist, wie vor 120 Jahren die Gründung eines Kindergartens: statt eines stationären Pflegeheims wird das Haus der Diakonie in ein Haus mit zwei ambulant betreuten Wohngruppen umgewandelt.

Die 23 Zimmer werden einzeln vermietet, quasi wie ein kleines Ein-Zimmer-Appartement, und sämtliche Pflegeleistungen können individuell dazugebucht werden. Für die Betreuung wird die Diakoniestation sorgen, die dann entsprechend erweitert wird. An den Kosten für das Heim soll sich dabei nichts ändern. Im Laufe der kommenden zwei Jahre wird das Haus auf das neue Konzept umgestellt.

Gleichzeitig wird die Kindertagesstätte auf dem Gelände um zwei Gruppen erweitert und der Garten in einen „Garten der Sinne“ umgestaltet. „Wir haben den Platz in der Oberen Bahnhofstraße bis auf den letzten Quadratmeter ausgeschöpft. Alles passt perfekt hinein. Jetzt müssen wir ran und kräftig um die Unterstützung der Bevölkerung bitten, damit wir das Konzept auch so realisieren können“, sagt Büttner.

Cadolzburgs Bürgermeister Bernd Obst steht voll und ganz hinter den Zukunftsplänen des Vereins: „Mit seinen vier Standbeinen Kinderbetreuung, Diakoniestation, Pflegeheim und nicht zu vergessen Weltladen am Marktplatz ist der Gemeinde- und Wohltätigkeitsverein von Cadolzburg nicht mehr wegzudenken.“

Am Sonntag, 13. Juli, feiert der Verein beim Gemeinde- und Diakoniefest sein 120-jähriges Bestehen. Beginn ist um 10 Uhr mit einem Festgottesdienst auf dem Gelände zwischen dem Haus der Diakonie und der Kindertagesstätte „Zur heiligen Heid“ in der Oberen Bahnhofstraße 6 in Cadolzburg.

Keine Kommentare