Mittendrin in Fürths Grüner Lunge

6.9.2012, 16:00 Uhr
Mittendrin in Fürths Grüner Lunge

© André de Geare (4), Thomas Scherer (1)

Der Tisch, der in Ernst Bergmanns Büro in einer Nische steht, versinkt unter einem Berg von Plänen und Papier. Doch wer vermutet, es werde an ihm besonders intensiv gearbeitet, der irrt sich. Leider. Denn durch das Fenster an der Stirnseite des Tisches kann man den Blick weit in den Stadtpark schweifen lassen. Durch ein Blätterdach hindurch schaut man auf die Allee, die auf die Fontänenbrunnen zuführt. Der stellvertretende Leiter des Grünflächenamts ist dennoch nicht unglücklich darüber, dass sein eigentlicher Schreibtisch in einer anderen Ecke des Raumes steht und die Aussicht auf ein angrenzendes Gebäude frei gibt. „Ich sehe den Park ja nicht als Privatmensch, sondern fast schon als Besitzer“, sagt Bergmann, der mit seinen vier Kollegen in der alten Gartenamtsvilla für die Planungsarbeit zuständig ist. Das heißt, dass sie zum Einsatz kommen, wenn sich in Fürths Grüner Lunge etwas verändern soll oder muss. Deshalb bleibt Bergmanns kritischem Blick nichts verborgen: keine zerbrochene Stufe, kein Loch im Asphalt und kein scheußliches Geländer. Vielleicht wählt Bergmann den Park deswegen eher selten als Entspannungsort für seine Mittagspause. Und auch der Schreibtisch mit Ausblick bleibt oft ungenutzt. Er kommt nur für Besprechungen des Teams zum Einsatz.

Mittendrin in Fürths Grüner Lunge

© Geare

Zwar kann sie, wann immer sie möchte, von ihrer Wohnung aus in den Stadtpark gucken, doch genug kriegt sie von ihm dennoch nicht. Beinahe jeden Tag stattet Tamara Berger ihm einen Besuch ab. Mit dabei ist ihre neun Monate alte Tochter Sophia. Das kleine Mädchen begeistert vor allem das Plätschern der Brunnen und die vielen bunten Blüten im Rosengarten. Gerade erst hat Berger, die gebürtige Spanierin ist, ihre Tochter davor fotografiert. Meist hat sie eine feste Route durch das Fürther Grün. Von der Auferstehungskirche schiebt sie den Kinderwagen durch den Rosengarten, am Fontänenbrunnen vorbei und schließlich zu den Weihern im unteren Teil des Parks. „So schön gepflegt ist hier alles“, schwärmt Berger, deren neue Heimat erst seit kurzem Fürth ist. Vorher hat sie viel von der Welt gesehen, hat unter anderem in Birma und Indien gelebt. Aber die Runde durch den Park stillt das Fernweh.

Mittendrin in Fürths Grüner Lunge

© Thomas Scherer

Manchmal haben Tamara Berger und Sophia auch Gesellschaft. Beispielsweise von ihrer Bekannten Christina Kiefer mit Söhnchen Lennox. Die beiden haben sich im Geburtsvorbereitungskurs kennengelernt. Sie eint nicht nur die Liebe zum Stadtpark, sondern auch das Entbindungsdatum ihrer Kinder: Beide sind am 11. November 2011 geboren.

Mittendrin in Fürths Grüner Lunge

© Geare

Wie sich die Natur im Laufe der Jahreszeiten verändert, wie sich Rinde anfühlt und wann die ersten Schneeglöckchen ihre Köpfe aus dem Boden recken: All das dürfen die Kleinen im „Haus für Kinder und Eltern“, dem Kindergarten der Auferstehungskirche, direkt vor ihrer Tür erleben. Wenige Schritte braucht es, dann sind die Kinder und ihre Betreuer mittendrin im Stadtpark. „Wir nutzen diese Gelegenheit eigentlich jeden Tag“, sagt Erzieherin Nicole. Die Kinder fordern ihren regelmäßigen Ausflug in die Natur nicht selten ein. Schließlich gibt es dort auch immer etwas zu entdecken. Bisamratten und viele verschiedene Vögel haben die Kinder schon gesehen, sie haben vom Turm aus die Blumenrabatten vor der Kirche bestaunt und wissen, wie lieblich die Rosen im Rosengarten duften. Manche Kinder kriegen auch in ihrer Freizeit nicht genug vom Park. Oskar (6) ist dort oft mit seinen Eltern. Dann hangelt er sich am Spielplatz am Klettergerüst entlang oder spielt Fußball.

Mittendrin in Fürths Grüner Lunge

© Geare

Drei Himbi, fünf Michflip, vier Kaktus: Eisbestellungen dieser Art und das anschließende Zusammenrechnen eines kleinen Häufchens Münzen bringen Norbert Schreiber nicht aus der Ruhe. „Mein Job ist doch fast wie Urlaub“, sagt er und reicht einem Jungen den Minigolf-Schläger über den Tresen seines kleinen Kassenhäuschens an der Minigolf-Anlage. Seit vier Jahren arbeitet Schreiber dort und kann sich kaum einen besseren Arbeitsplatz vorstellen. Das liegt zum großen Teil auch an den entspannten Menschen, mit denen er zu tun hat. Etwa zwei Drittel davon sind Kinder, die Spaß daran haben, den kleinen Golfball über Rampen oder durch Tunnels in das Loch zu bugsieren.

Den Park, durch den Schreiber muss, um zur Arbeit zu gelangen, nimmt er immer noch ganz bewusst wahr und registriert die Veränderungen der Natur im Lauf des Jahres. Manchmal entdeckt er aber auch weniger Schönes. Etwa die Überreste von zerborstenen Bierflaschen, die feiernde Jugendliche zurückgelassen haben. Auch die Minigolf-Anlage hatte schon mehrfach unter Vandalismus zu leiden. Vergangenes Jahr fielen ihm die metallenen Halterungen für die Ergebniskarten zum Opfer. 2007 brannte der Kiosk völlig aus. Trotzdem. Eintauschen möchte Norbert Schreiber seinen Arbeitsplatz nicht.

 

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