Neonazis im bürgerlichen Gewand

25.7.2012, 09:00 Uhr
Neonazis im bürgerlichen Gewand

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„Den Opfern ein würdiges Denkmal!“, steht in großen Lettern auf der Postkarte. Aus dem Text auf der Rückseite geht hervor, um welche Opfer es dem Verfasser geht: Um jene Menschen, die im Februar 1945 bei den Luftangriffen auf Dresden ums Leben kamen.

Damals griffen amerikanische und britische Bomberverbände die Stadt in vier Wellen an. Die Bomben und der von ihnen entfachte Feuersturm vernichteten nicht nur große Teile der auch als „Elbflorenz“ bekannten Stadt, sondern töteten 25000 Menschen — eine Zahl, die eine Historikerkommission vor einigen Jahren ermittelt hat.

Die Urheber der Postkarte fordern nun ein „zentrales Mahnmal“ für die Opfer in Dresden. Wer das unterstützen will, muss nur eine Briefmarkte aufkleben, an der passenden Stelle seinen Namen hinterlassen, angeben, in welcher Stadt er wohnt, und zu guter Letzt noch unterschreiben. Adressiert ist die vorgedruckte Karte bereits an die Stadtverwaltung Dresden.

Wer hingegen wissen möchte, mit wem er sich mit seiner Unterschrift gemeinmacht, muss schon genauer hinsehen und auch etwas recherchieren. „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“, steht kleingedruckt in der Mitte der Postkarte. Dabei handelt es sich um eine rechtsextreme Gruppierung, die unter anderem für einen jährlichen Neonazi-Aufmarsch in Dresden verantwortlich zeichnet. Hinter dem Aktionsbündnis stehen der Dresdner Kreisverband der NPD sowie Gruppen wie die Nationalen Sozialisten aus Berlin oder die Freien Kräfte Neuruppin.

Ein Stadelner Rentner brachte dieser Tage eine der Postkarten in der FN-Redaktion vorbei, weil es sich nach seinen Worten um ein gutes Beispiel handelt, „wie diese Leute mit einem auf den ersten Blick annehmbaren Verlangen, also scheinbar ganz harmlos, Bürger vor ihren Karren zu spannen versuchen“.

In Stadeln, wo mit Matthias Fischer ein führender Kopf des rechtsextremen Freien Netzes Süd zu Hause ist, wurde dieser Tage noch ein weiteres Flugblatt in einige Briefkästen geworfen. „Achtung Stadelner! Marodierende Jugendgangs“, heißt es darauf. Unter dieser Überschrift wird berichtet, dass sich Jugendliche — „mit Gangsteroutfit und meist mit Migrationshintergrund ausgestattet“ — „jedes Wochenende“ auf öffentlichen Plätzen in Stadeln betrinken und angeblich Passanten belästigen.

Versehen ist das Flugblatt zudem mit dem Logo einer Fürther Bürgerinitiative, dazu findet sich eine Info-Telefonnummer, an die man sich „vertrauensvoll“ wenden kann. Als verantwortlicher für das Flugblatt wird Sebastian Schmaus genannt. Schmaus, muss man wissen, ist mehrfach vorbestraft und sitzt als Vertreter der NPD-Tarnliste „Ausländerstopp“ im Nürnberger Stadtrat.

Losgehen auf Minderheiten

Bei der Stadt Fürth hat man die Aktivitäten der Rechtsextremisten sehr wohl registriert. Eine „Masche“ nennt es Rechts- und Ordnungsreferent Christoph Maier, wenn sich die Radikalen den positiv besetzten Titel Bürgerinitiative zulegen und mit den Stadtfarben weiß und grün hantieren. Das jüngste Flugblatt zeige deutlich das Bemühen der Neonazis, sich als Partei zu verkaufen, „die sich um die Belange der Bürgerschaft kümmert“.

Typisch dabei sei die „maßlose Übertreibung“ und der Versuch, die Schuld mit „massiver Stimmungsmache Minderheiten in die Schuhe zu schieben“. Natürlich, so Maier, kann es derartige Vorfälle in Stadeln gegeben haben, jedoch sei ihm von der Polizei keine Häufung bekannt.

Maier sieht darin die Vorboten der nächsten Kommunalwahl. 2014 werden die Rechtsextremen wohl einen neuen Anlauf nehmen, in den Stadtrat einzuziehen, vermutet er. Bei der letzten Wahl im März 2008 war die NPD kläglich gescheitert.

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