Neue Haupttribüne soll Prunkstück im Ronhof werden

26.10.2013, 10:00 Uhr
Neue Haupttribüne soll Prunkstück im Ronhof werden

© Hans-Joachim Winckler

Holger Schwiewagner war schon mal gesprächiger. Es gehört ja zu seinem Job als Geschäftsführer der SpVgg Greuther Fürth GmbH & Co. KGaA, die Weichenstellungen der Profifußballer als zukunftsweisend zu preisen. Diesmal zeigt sich Schwiewagner verschlossen wie eine Auster. „Von Seiten der Spielvereinigung wird es zu diesem Thema momentan keine Stellungnahme geben.“ Punkt.

Auch andere Gesprächspartner, die mit den Stadionplänen mehr oder weniger vertraut sind, sagten in den vergangenen Tagen gegenüber den FN offiziell am liebsten gar nichts zum nächsten Meilenstein in der wirtschaftlichen Entwicklung des Kleeblatts. Was aber ist so heikel an einem Bauvorhaben, das viele Fußballfans freuen und das Gros der Fürther Restbevölkerung wohl kaum ernsthaft stören würde? Es geht natürlich um Geld, auch um Steuergeld. „Das soll aus dem Wahlkampf herausgehalten werden“, mutmaßt ein Insider.

Die SpVgg hat gerade über drei Millionen Euro in ihr neues Trainingszentrum investiert, und selbst wenn sie diese Summe nachträglich über günstige Kredite finanziert, fehlen ihr offensichtlich die Mittel, um aus eigener Kraft eine 100 Meter lange dreistöckige Tribüne mit allem Drum und Dran hinzustellen. Die vorhandenen Reserven braucht man möglicherweise für andere Zwecke.

Brandstätter als weißer Ritter

Zuletzt mussten mehrfach Spieler teuer gekauft werden, weil aus dem eigenen Nachwuchs wenig bis gar nichts zu den Profis aufrückte. Steine statt Beine, diesem hehren Anspruch wird auch das Kleeblatt nicht immer gerecht.

Logischer Finanzier der Tribüne wäre eigentlich Thomas Sommer gewesen. Der verhinderte Bauherr einer neuen Arena in der Südstadt scheidet jedoch als Geldgeber aus. „Ich baue nicht auf fremden Grund“, stellt der Immobilienmillionär aus Obermichelbach kategorisch fest. Er hätte das notwendige Grundstück auf der Ostseite des Stadions gekauft, aber es war nicht zu haben.

Als neuer weißer Ritter der SpVgg kommt deshalb nur einer in Frage: der Eigentümer. Tatsächlich soll Conny Brandstätter die Haupttribüne errichten und langfristig an die Fußballer verpachten – momentan will er das auch. „Von mir aus könnten wir im Juni 2014 anfangen“, sagt der 58-Jährige.

Vor einem Jahr erschien ein solches Engagement des Zirndorfer Geschäftsmanns noch undenkbar. Damals trafen sich Brandstätter und die SpVgg vor Gericht, um über die Rechte an dem Stadionnamen zu streiten. Völlig überraschend verlängerte der Sohn von Playmobil-Patriarch Horst Brandstätter dann im November 2012 den Pachtvertrag mit dem Kleeblatt vorzeitig um elf Jahre bis 2040. Vorher hatte er seine Unterschrift trotz diverser Bittgänge jahrelang verweigert.

Durch den sensationellen Friedensschluss war der sowieso von brütenden Kiebitzen unterminierte Arena-Neubau am Main-Donau-Kanal quasi über Nacht hinfällig geworden. Der wichtigste Aspekt der Pachtverlängerung: Endlich stimmten die Voraussetzungen, um am althergebrachten Standort der SpVgg langfristig zu planen und zu investieren.

Dabei ist bereits Eile geboten. 25 Jahre muss die Pacht laufen, damit staatliche Fördergelder in Anspruch genommen werden können. „Das ist aus meiner Sicht zwingend“, sagt Horst Müller, der städtische Wirtschaftsreferent. Und 2015 kommt bald. Müller hält deshalb „zeitnahe“ Entscheidungen für notwendig.

Es könnte in etwa so laufen wie in Augsburg. Die Fuggerstadt erhielt vor einigen Jahren aus München angeblich fünf Millionen Euro, um dem FCA unter die Arme zu greifen. Müller stellt sich ein ähnliches Konstrukt für den Ronhof vor. Einfach so wären die Gelder aus dem Staatshaushalt freilich nicht zu haben. Die Stadt müsse bei solchen Fördermaßnahmen grundsätzlich „mit ins Boot“, so der Wirtschaftsreferent. Conny Brandstätter findet das ganz richtig so, allerdings geht es ihm vor allem um Sicherheiten: „Da muss jemand eine Bürgschaft oder so was Ähnliches übernehmen.“ Allein wolle er das Risiko nicht tragen.

Brandstätter ist nach eigener Aussage vielfacher Millionär, schenken wird er dem Fußballklub, den er jetzt wieder so lieb gewonnen hat, indes nichts. Ausgehend von einer marktüblichen Rendite von sechs Prozent, würde die Pacht für die geplante Haupttribüne rund 600000 Euro pro Jahr betragen. Aktuell beläuft sich die Pacht für den Ronhof auf gut 400000 Euro. Davon zahlen Stadt und SpVgg als Haupt- und Unterpächter je 50 Prozent, also etwas mehr als 200000 Euro. Behält man dieses Halbe-Halbe-Modell bei der Finanzierung der neuen Haupttribüne bei, stiege der jährliche Pachtbeitrag für Kommune und Verein um je 300000 auf dann 500000 Euro.

Wirtschaftsreferent Müller kann wortreich erklären, dass die Kommune ein Mehrfaches einnehme, eben weil es die SpVgg als Steuerzahler, Wertschöpfungs- und Standortfaktor gibt. Aber er weiß auch, dass das in einer Stadt mit zig Millionen Schulden, maroden Brücken und angejahrten Turnhallen nicht jeden überzeugt.

Gründlichkeit vor Eile

Grob geschätzt braucht die SpVgg in den nächsten Jahren außerdem nicht nur zehn, sondern 15 bis 16 Millionen Euro. Mit der Errichtung der neuen Tribüne, die auch Räume für fußballfremde Veranstaltungen enthalten soll, ist es nämlich nicht getan. Zufahrten müssen verändert, die alte Haupttribüne mit ihrem altersschwachen Dach muss zur neuen Gegengeraden umgestaltet werden.

Es gäbe also vieles anzuschieben, doch ein Jahr nach der historischen Einigung mit Brandstätter ist erstaunlich wenig passiert. Es existiert laut Müller weder ein Bauantrag noch ein „endgültiges Konzept“ des Vereins, mit dem man in München vorstellig werden könnte, um die Feinabstimmung vorzunehmen. Denn: Bevor ein Euro fließt, muss neben dem Zuschussrecht des Freistaats auch dem Kommunalrecht und dem Beihilferecht der EU Genüge getan werden. Das kann dauern.

„Gründlichkeit geht vor Eile“, sagt Thomas Jung dazu. Der Oberbürgermeister ist erkennbar bemüht, jeden Anschein von Dringlichkeit zu vermeiden. Dass die SpVgg im kommenden Sommer zu bauen beginnt, hält er unter Hinweis auf die ausstehenden Verwaltungsakte schlicht für „unrealistisch“. Und dann geht es auf 2015 zu...

Dass der Ronhof eine neue Haupttribüne braucht, hat Vereinspräsident Helmut Hack in der Vergangenheit mehrfach betont. Aber wann? Bleibt Brandstätter bei der Stange und erledigt die SpVgg ihre Hausaufgaben, wird das Thema früher oder später – sehr wahrscheinlich nach der Kommunalwahl im März – im Stadtrat behandelt werden müssen. Spätestens dann geht es wieder einmal um die eine entscheidende Frage: Was ist den Fürthern ihr „Aushängeschild“ Spielvereinigung wirklich wert?

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