Nischen für Kreativität: Fürther Künstler warnen vor Gentrifizierung

8.8.2018, 22:00 Uhr
Wie sieht die Zukunft für Kunst in der Fürther Innenstadt aus? Haben Künstler und ihre Ateliers trotz steigender Mieten noch einen Platz? Für eine Ausstellung, die noch bis 12. August im Fürther Bogenhof (Bogenstraße 7) zu sehen ist, haben Ulrike Irrgang und Reinhard Schlüter Kunstschaffende und Verantwortliche der Stadt befragt. Es folgen ihre Antworten.
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Kunst und Gentrifizierung

Wie sieht die Zukunft für Kunst in der Fürther Innenstadt aus? Haben Künstler und ihre Ateliers trotz steigender Mieten noch einen Platz? Für eine Ausstellung, die noch bis 12. August im Fürther Bogenhof (Bogenstraße 7) zu sehen ist, haben Ulrike Irrgang und Reinhard Schlüter Kunstschaffende und Verantwortliche der Stadt befragt. Es folgen ihre Antworten. © Hans-Joachim Winckler

"Natürlich haben die Künstler etwas verändert: die Badstraße zum Beispiel - dass es diesen Ort noch gibt, dass das kein Parkplatz geworden ist, dass sich hier ein Verein gegründet hat, dass da ganz viel ehrenamtliche Zeit reingesteckt wurde und es jetzt einen Ort gibt mit Kulturprogramm, mit Ausstellungen, mit Konzerten, mit Kneipe. Die Leute können hier sein - ich finde das ist doch eine ganz schöne Leistung."
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Birgit Maria Götz (Malerin)

"Natürlich haben die Künstler etwas verändert: die Badstraße zum Beispiel - dass es diesen Ort noch gibt, dass das kein Parkplatz geworden ist, dass sich hier ein Verein gegründet hat, dass da ganz viel ehrenamtliche Zeit reingesteckt wurde und es jetzt einen Ort gibt mit Kulturprogramm, mit Ausstellungen, mit Konzerten, mit Kneipe. Die Leute können hier sein - ich finde das ist doch eine ganz schöne Leistung." © Bogenhof-Redaktion

"Künstler stehen zuerst auf der Gewinnerseite. Doch nach Übernahme der Gebäude durch die Immobilienwirtschaft werden sie langsam, aber sicher aus den innerstädtischen Lagen verdrängt. Ein gutes Beispiel ist die Umwandlung des Hinterhauses der Hirschenstraße 28."
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Martin Peetz (Musiker)

"Künstler stehen zuerst auf der Gewinnerseite. Doch nach Übernahme der Gebäude durch die Immobilienwirtschaft werden sie langsam, aber sicher aus den innerstädtischen Lagen verdrängt. Ein gutes Beispiel ist die Umwandlung des Hinterhauses der Hirschenstraße 28." © Bogenhof-Redaktion

"So wie in der Badstraße stelle ich mir vorbildliche Entwicklungen vor: Keine Riesenkulturpaläste neu bauen, aber bestehende Standorte kulturell weiterentwickeln. Das dürfte in Fürth an einigen Stellen noch möglich sein."
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Thomas Jung (Oberbürgermeister der Stadt Fürth)

"So wie in der Badstraße stelle ich mir vorbildliche Entwicklungen vor: Keine Riesenkulturpaläste neu bauen, aber bestehende Standorte kulturell weiterentwickeln. Das dürfte in Fürth an einigen Stellen noch möglich sein." © Bogenhof-Redaktion

"Ich glaube, dass es gerade in unserer heutigen Zeit wichtig ist, Kunst und Kultur Raum zuzusprechen. Ästhetisches Empfinden entwickeln zu dürfen einerseits, kritische Auseinandersetzung mit Fremdartigem andererseits, gehören zu den Grundeigenschaften, die für eine gesunde Gesellschaft heilsam sind."
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Kathrin Hausel (Malerin)

"Ich glaube, dass es gerade in unserer heutigen Zeit wichtig ist, Kunst und Kultur Raum zuzusprechen. Ästhetisches Empfinden entwickeln zu dürfen einerseits, kritische Auseinandersetzung mit Fremdartigem andererseits, gehören zu den Grundeigenschaften, die für eine gesunde Gesellschaft heilsam sind." © Bogenhof-Redaktion

"Wir haben versucht, ein Atelierhaus über Förderung zu kreieren. Da sind dann aber die Eigentümer abgesprungen. Das Atelierhaus könnte wiedererweckt werden. Man müsste nur den richtigen Eigentümer finden. Ich sehe das als Querschnittsaufgaben sowohl der Stadtentwicklung als auch der Wirtschaft als auch des Kulturbereichs. Weil Kultur und Kunst ja ein Teil der Stadtgesellschaft sind."
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Alexandra Schwab (Architektin und Stadtplanerin)

"Wir haben versucht, ein Atelierhaus über Förderung zu kreieren. Da sind dann aber die Eigentümer abgesprungen. Das Atelierhaus könnte wiedererweckt werden. Man müsste nur den richtigen Eigentümer finden. Ich sehe das als Querschnittsaufgaben sowohl der Stadtentwicklung als auch der Wirtschaft als auch des Kulturbereichs. Weil Kultur und Kunst ja ein Teil der Stadtgesellschaft sind." © Bogenhof-Redaktion

"Einerseits führt die Gentrifizierung natürlich sukzessive zu steigenden Preisen, womit sich vor allem junge Künstler die Mieten dort nicht mehr leisten können und es damit schwierig wird, überhaupt geeignete und bezahlbare Ateliers zu finden. Andererseits ziehen dadurch natürlich auch Menschen in diese Viertel, die über ein höheres Einkommen verfügen und damit potenzielle Käufer für die Künstler darstellen."
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Isabel Fürsattel (Geschäftsführerin der MIP Immobilen-Verwaltungs GmbH))

"Einerseits führt die Gentrifizierung natürlich sukzessive zu steigenden Preisen, womit sich vor allem junge Künstler die Mieten dort nicht mehr leisten können und es damit schwierig wird, überhaupt geeignete und bezahlbare Ateliers zu finden. Andererseits ziehen dadurch natürlich auch Menschen in diese Viertel, die über ein höheres Einkommen verfügen und damit potenzielle Käufer für die Künstler darstellen." © Bogenhof-Redaktion

"Ich wünsche mir für Städte, wie Fürth und Esslingen, die Zeichen der Zeit zu sehen und lesen zu können, dass es einen Trend gibt, mit Kulturprojekten jedweden Formates in die Provinzstädte zu ziehen, da es da ein Mehr an Aufmerksamkeit, analogem Erlebnis und privatem Engagement gibt. Und in diesem Sinne gilt dann in der Tat: Wer zuerst kommt, malt zuerst!"
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Matthias Kunisch (Bildhauer)

"Ich wünsche mir für Städte, wie Fürth und Esslingen, die Zeichen der Zeit zu sehen und lesen zu können, dass es einen Trend gibt, mit Kulturprojekten jedweden Formates in die Provinzstädte zu ziehen, da es da ein Mehr an Aufmerksamkeit, analogem Erlebnis und privatem Engagement gibt. Und in diesem Sinne gilt dann in der Tat: Wer zuerst kommt, malt zuerst!" © Bogenhof-Redaktion

"In Fürth hat sich viel verbessert, das Angebot ist größer geworden. Allerdings sind dadurch auch die Möglichkeiten für Künstler mit Ateliers geschrumpft. Es ist ja ohnehin schwierig, bei Künstlern von Gewinnern zu sprechen."
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Michael G. Schüll ( Künstler)

"In Fürth hat sich viel verbessert, das Angebot ist größer geworden. Allerdings sind dadurch auch die Möglichkeiten für Künstler mit Ateliers geschrumpft. Es ist ja ohnehin schwierig, bei Künstlern von Gewinnern zu sprechen." © Bogenhof-Redaktion

"Ich fühle mich hier vor allem wohl. Der Sanierungstrend ist allerdings auffällig. In welche Richtung sich Fürth bewegt, ist nach meiner Einschätzung eine offene Partie. Folgt die Stadt dem Beispiel Paris' und Münchens, wo sich sämtliche Künstlerviertel zunächst zu In-Vierteln, schließlich zu (für Künstler) unauskömmlichen, exklusiven Lebensräumen wandelten, so wird sich auch Fürth früher oder später von der Vielfalthin zur Einfalt verändern."
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Reinhard Schlüter (Künstler)

"Ich fühle mich hier vor allem wohl. Der Sanierungstrend ist allerdings auffällig. In welche Richtung sich Fürth bewegt, ist nach meiner Einschätzung eine offene Partie. Folgt die Stadt dem Beispiel Paris' und Münchens, wo sich sämtliche Künstlerviertel zunächst zu In-Vierteln, schließlich zu (für Künstler) unauskömmlichen, exklusiven Lebensräumen wandelten, so wird sich auch Fürth früher oder später von der Vielfalthin zur Einfalt verändern." © Bogenhof-Redaktion

"Hier in Fürth ist die Atelierfläche sehr gering geworden. Das sieht man auch an den Fürther Ateliertagen: Früher konnte alles zu Fuß erreicht werden. Mittlerweile liegen die Ateliers nicht mehr im Zentrum, sondern am Rand. Und wenn alles so tot renoviert ist, dann passiert eben auch nichts mehr."
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Barbara Engelhard (Künstlerin)

"Hier in Fürth ist die Atelierfläche sehr gering geworden. Das sieht man auch an den Fürther Ateliertagen: Früher konnte alles zu Fuß erreicht werden. Mittlerweile liegen die Ateliers nicht mehr im Zentrum, sondern am Rand. Und wenn alles so tot renoviert ist, dann passiert eben auch nichts mehr." © Bogenhof-Redaktion

"Wenn es immer weniger Atelierraum gibt, dann gibt es auch immer weniger Künstlerinnen und Künstler, die hier arbeiten. Es fehlt zu allererst an Strukturen, die es Künstlern erleichtern, hier ein Atelier zu unterhalten. Die Strukturen zu schaffen, wäre die Aufgabe der Politik."
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Hans Peter Miksch (Leiter der kunst galerie fürth)

"Wenn es immer weniger Atelierraum gibt, dann gibt es auch immer weniger Künstlerinnen und Künstler, die hier arbeiten. Es fehlt zu allererst an Strukturen, die es Künstlern erleichtern, hier ein Atelier zu unterhalten. Die Strukturen zu schaffen, wäre die Aufgabe der Politik." © Bogenhof-Redaktion

"Es wäre schade, wenn sich in Fürth alles einseitig in Richtung teurer Wohnraum und teurer Lebensumstände entwickeln würde zu Lasten der Subkulturen, die jetzt noch eine Chance haben. Wir sind eigentlich immer der Auffassung, dass es in den Quartieren so gut wie möglich gemischt zugehen sollte und die Nutzungen voneinander profitieren können."
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Dietmar Most (Leiter des Stadtplanungsamts der Stadt Fürth)

"Es wäre schade, wenn sich in Fürth alles einseitig in Richtung teurer Wohnraum und teurer Lebensumstände entwickeln würde zu Lasten der Subkulturen, die jetzt noch eine Chance haben. Wir sind eigentlich immer der Auffassung, dass es in den Quartieren so gut wie möglich gemischt zugehen sollte und die Nutzungen voneinander profitieren können." © Bogenhof-Redaktion

"Gentrifizierung läuft hier wie überall. Durch Belebung und Selbstrenovierung von Altbauwohnungen und -höfen wurden Firmen wie P&P auf das Potential dieser Wohngegend aufmerksam. Bei den Ateliertagen liefen kaufkräftige Fürther durch pittoreske Hinterhöfe, zwei Jahre später war das Atelier auf dem Flyer nicht mehr zu finden und der Stadtplan um die Ortschaft Ronhof ergänzt."
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Johanna Klose (Künstlerin)

"Gentrifizierung läuft hier wie überall. Durch Belebung und Selbstrenovierung von Altbauwohnungen und -höfen wurden Firmen wie P&P auf das Potential dieser Wohngegend aufmerksam. Bei den Ateliertagen liefen kaufkräftige Fürther durch pittoreske Hinterhöfe, zwei Jahre später war das Atelier auf dem Flyer nicht mehr zu finden und der Stadtplan um die Ortschaft Ronhof ergänzt." © Bogenhof-Redaktion

"Die Gentrifizierung ist, auch in Fürth, eine zweischneidige Sache: Auf der einen Seite ist es so, dass Menschen, die mit Kapital in die Stadt gehen und auch gerne Geld ausgeben, dann auch gerne Kunst kaufen. Das ging früher so gut wie gar nicht. Die Kehrseite der Medaille: Die Ateliers werden teurer, es ist schwieriger, ein Atelier zu finden. Von den Arbeitsbedingungen her ist die Situation für die Künstler schlechter geworden."
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Lutz Krutein (Künstler)

"Die Gentrifizierung ist, auch in Fürth, eine zweischneidige Sache: Auf der einen Seite ist es so, dass Menschen, die mit Kapital in die Stadt gehen und auch gerne Geld ausgeben, dann auch gerne Kunst kaufen. Das ging früher so gut wie gar nicht. Die Kehrseite der Medaille: Die Ateliers werden teurer, es ist schwieriger, ein Atelier zu finden. Von den Arbeitsbedingungen her ist die Situation für die Künstler schlechter geworden." © Bogenhof-Redaktion

"Gentrifizierung gibt es, seit Städte sich entwickeln und wachsen. In Fürth begann dies später als anderswo und bot Künstlern Raum zum Leben und Überleben mit viel Kreativität, eben auch mit dem besonderen Flair für die Innenstadt. Das ist reizvoll, für beide Seiten. Es wäre wünschenswert, wenn Fürth den großen, versteckten künstlerischen Reichtum, den es besitzt, erkennen würde und daraus tatsächlich einen wirtschaftlichen Standortfaktor machen würde: Kulturstadt Fürth - neben Solarstadt, Denkmalstadt, Universitätsstadt. Fürth sucht ja händeringend nach Tourismusfaktoren."
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Christian Fritsche (Galerist und Verleger)

"Gentrifizierung gibt es, seit Städte sich entwickeln und wachsen. In Fürth begann dies später als anderswo und bot Künstlern Raum zum Leben und Überleben mit viel Kreativität, eben auch mit dem besonderen Flair für die Innenstadt. Das ist reizvoll, für beide Seiten. Es wäre wünschenswert, wenn Fürth den großen, versteckten künstlerischen Reichtum, den es besitzt, erkennen würde und daraus tatsächlich einen wirtschaftlichen Standortfaktor machen würde: Kulturstadt Fürth - neben Solarstadt, Denkmalstadt, Universitätsstadt. Fürth sucht ja händeringend nach Tourismusfaktoren." © Bogenhof-Redaktion

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