Nitrat bis Plastik im Grundwasser

28.8.2015, 13:00 Uhr
Nitrat bis Plastik im Grundwasser

© Foto: Karmann/dpa

Gülle auf dem Acker, Gärreste von Biogasanlagen oder mineralischer Dünger: Nitrat gelangt hauptsächlich durch die intensive Landwirtschaft in Gewässer und Böden. Was für gute Erträge sorgt, hinterlässt gleichzeitig Belastungen. Aber auch aus maroden Kanalleitungen dringt Nitrat ins Wasser. So wurden, laut Landesamt für Umweltschutz (LfU), an mehreren Messstellen im Raum Nürnberg-Fürth Ergebnisse über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Grundwasser gefunden.

Dabei gibt es starke regionale Unterschiede in Bayern. Im Gegensatz zum Süden ist der Norden stärker betroffen und hier insbesondere der Großraum Nürnberg-Fürth-Ansbach. Elf Prozent des Rohwassers (Wasser, das nicht für die Verbraucher aufbereitet ist) sind über dem Grenzwert belastet, sechs Prozent stark und in 9,5 Prozent findet sich immer noch eine mittlere Nitratkonzentration.

Unter dem Grenzwert

Bei den Wasserversorgern messen die Gemeindewerke Cadolzburg, der Markt Ammerndorf und die Dillenberg-Gruppe, die acht Landkreis-Gemeinden versorgt, höhere Nitratkonzentrationen, allerdings unter dem zulässigen Grenzwert, also nicht so hoch, dass eine Aufbereitung nötig wäre. Die übrigen Gemeinden werden hauptsächlich nicht mit hier gepumpten Wasser beliefert, sondern über Fernwasserleitungen aus dem Donauraum.

Was in der Vergangenheit unternommen wurde, um die Nitrateinträge zu reduzieren, reicht offenbar nicht aus. Dazu gehören großflächige Ausweisungen von Wasserschutzgebieten, freiwillige Maßnahmen von Landwirten oder die besondere Förderung für extensive Nutzung von Flächen. So hat beispielsweise die Dillenberggruppe Verträge mit Landwirten, um den Eintrag von Nitrat und Pflanzenschutzmitteln zu verringern. Lothar Birkfeld, Vorsitzender der Dillenberggruppe, kann den grundsätzlichen Nitratanstieg zwar nicht bestätigen, räumt aber ein, dass es mit Flachwasserbrunnen gelegentlich Probleme gebe, weshalb Wasser, das aus den tieferen Schichten gewonnen wird, untergemischt wird.

Dennoch: Die Prognose des LfU für 2021 lässt sogar eine Verschlechterung bei der Nitratbelastung im Grundwasser erwarten. Aus den heute gut 33 Prozent der Grundwasserkörper mit der Bewertung „schlecht“ sollen in sechs Jahren 38 Prozent werden.

Auch in den Oberflächengewässern wurde zu viel Nitrat nachgewiesen. 753 bayerische Bäche und Flüsse wurden untersucht, an sechs davon wurde der Jahresdurchschnitt von 50 Milligramm pro Liter überschritten. Darunter die Nebengewässer der Rednitz im Landkreis Fürth, die Zenn mit allen ihren Zuläufen und die östlichen Zuflüsse der Regnitz im Raum Nürnberg, Fürth und Erlangen.

Damit Wasser auch in Zukunft unbelastet direkt aus dem Hahn getrunken werden kann, muss das Grundwasser besser geschützt werden, fordert der SPD-Landtagsabgeordnete Harry Scheuenstuhl aus Wilhermsdorf. In dieser Legislaturperiode beschäftigt ihn das Thema Wasserverschmutzung in Bayern besonders. „Wasser sollte in bester Qualität für jeden zur Verfügung stehen“, sagt er. Denn der Stoff wandelt sich im menschlichen Körper in das gefährliche Nitrit um, das beispielsweise zu Durchblutungsstörungen führen kann. Säuglingsnahrung sollte nur mit sehr gering nitrathaltigem Wasser hergestellt werden. Die SPD-Fraktion hat zu dem Thema eine Reihe von Anfragen im Landtag gestellt und Gesetzesentwürfe vorgelegt. Einer davon sah vor, breitere Gewässerschutzstreifen auszuweisen, auf denen nicht gedüngt werden darf. Er scheiterte an der Landtagsmehrheit, genauso wie der Vorstoß, die Gärreste von Biogasanlagen, die auf Feldern ausgebracht werden, in eine Stickstoff-Gesamtbilanz jedes einzelnen landwirtschaftlichen Betriebs einzurechnen.

Langes Gedächtnis

Entdeckt werden im Wasser auch die Zerfallsprodukte von Pflanzenschutzmitteln. Auch hier ist der Norden stärker betroffen als der Süden. Allerdings wird nur an 1,6 Prozent der Messstellen in Mittelfranken der Grenzwert überschritten. Immer noch gefunden wird Atrazin und dessen Zerfallsprodukte, ein Stoff aus einem Pflanzenschutzmittel, das schon seit über 20 Jahren verboten ist. Dies ist als Hinweis auf das lange Gedächtnis des Grundwassers zu werten.

Auch an verschiedenen Quellen fanden die Fachleute Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Darunter sind, so eine Auskunft des Umweltministeriums aufgrund einer Anfrage Grüner Landtagsabgeordneter, vier Quellen im Landkreis Fürth im Gebiet Großhabersdorf, Wachendorf und Tuchenbach. Bei den Wasserversorgern ist nur der Markt Ammerndorf betroffen, die Rückstände sind aber nicht so hoch, dass eigens eine Aufbereitung nötig ist.

Erst in jüngster Zeit an die Öffentlichkeit gelangt ist das Thema Plastikrückstände, die überall in der Natur zu finden sind. Mikroplastik, für das Auge nicht sichtbar, wird beispielsweise in Kosmetika eingesetzt. Noch kleiner sind die Nanopartikel, die sich aus Plastikverpackungen von Lebensmitteln oder Getränken lösen könnten. All das gelangt in den Wasserkreislauf.

Rein theoretisch, so Harry Scheuenstuhl, könnten die Partikel in Kläranlagen ausgefiltert werden. Diese sogenannte vierte Reinigungsstufe wird jedoch wegen der sehr hohen Kosten, so Scheuenstuhl, vermutlich nicht kommen.

Immerhin gibt es aber eine Selbstverpflichtung der Kosmetik-Industrie, auf die Mikro-Plastikteile zu verzichten. Was mit Nano-Plastikteilchen ist, ob sie den Menschen schaden, dazu wird aktuell erst noch geforscht, war auf SPD-Anfrage aus dem Umweltministerium zu hören.

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