Oberasbach: Der Kalbskopf ist das Schäufele des Limousins

16.7.2016, 14:00 Uhr
Oberasbach: Der Kalbskopf ist das Schäufele des Limousins

© Foto: Petra Fiedler

La tête de veau, also der Kalbskopf, ist für den Franzosen aus dem Limousin das, was für den Franken das Schäufele ist. Eine gern genossene und hoch im Ansehen stehende Spezialität der Region. Ganz wichtig: Nur aus dem Kopf des Limousin-Rindes darf er zubereitet werden und wird meist als Festmahl für Verwandte und Freunde zelebriert.

Jacques Barney ist der Küchenmeister. Ein Vorzeigefranzose mit den Lachfalten eines Spitzbuben und der obligaten Baskenmütze auf dem Kopf. Ein weißes Porzellanschild weist ihn als Mitglied der Bruderschaft Confrérie de la tête de veau aus. Es prangt, von einer massiven Kette gehalten, vor seiner Brust und verrät, dass Bruderschaften, zumal solche, die sich um Frankreichs Küchenschätze sorgen, eine hohe Wertschätzung genießen.

Jacques macht dann auch gleich die Ansage, dass Bruderschaften Männersache sind. „Frauen kommen nur als Ehrenmitglieder vor“, bekennt er und verrät, dass die Bruderschaft jetzt gleich ein neues Ehrenmitglied aufnehmen wird: Oberasbachs Bürgermeisterin Birgit Huber. Die ist zwischen allerlei Terminen in die Küche der Pestalozzischule geeilt und weiß noch nichts von ihrem Glück.

70 Kilogramm Fleisch im Gepäck

Aber die Dimensionen der Mahlzeit lässt sie staunen, denn Jacques berichtet: „70 Kilogramm ausgelöstes Kopffleisch haben wir aus dem Limousin mitgebracht.“ Was bedeutet, dass rund 40 Tiere um Kopf und Kragen gebracht wurden. Weiter im Gepäck: Wein, Cidre, Essig, Gewürze, Dijonsenf und anderes in großen Mengen.

Birgit Huber darf als Vorsitzende des mit der Pflege der Partnerschaften betrauten Kulturvereins schon mal den Deckel des Riesentopfes lüpfen. Der Geruch von Fleisch, Gemüse, Kräutern und Gewürzen, zu Letzteren gehört in der französischen Küche auch der Wein, wabert durch den Raum. Das 16-köpfige Küchenteam aus Franzosen und Franken unterbricht das Schnippeln, Hacken und Schneiden und nimmt eine Prise der kulinarischen Verheißung.

La tête de veau wird mit einer Gemüsemischung aus gelben Rüben, Lauch und weißen Rübchen serviert. Für den Einkauf der frischen Zutaten war der stellvertretende Vereinsvorsitzende Helmut Naczinsky zuständig. „Das war gar nicht so einfach“, erzählt er von seiner Einkaufstour, denn weiße Rübchen gibt es bei uns erst im Herbst. Auf dem Nürnberger Hauptmarkt hatte er danach gefahndet und sich aufrichtig gefreut, dass die Rüben im Fränkischen Navetten heißen, was sich unmittelbar vom französischen Eigennamen Navet ableitet.

Die Marktfrau schuf Abhilfe. Helmut Naczinsky nahm statt der Navetten Mairübchen mit, was die französischen Köche ohne Einspruch akzeptierten. Der 70-jährige Daniel Jarry aus dem Dörfchen Saint Jouvent bezeichnet sich selbst als Gourmet und Gourmand und lässt das mit Genießer und Vielfraß übersetzen. Wie sein Freund Guy Roche ist er zu Hause im Limousin begeisterter Hobbykoch. Lachend wirft er ein, dass sich fast alle französischen Männer zum Meisterkoch berufen fühlten und allzu gerne die Ehefrauen in der Küche kontrollieren.

Während Bernard Redon ein Mann der ersten Stunde der Städtepartnerschaft ist, reist Guy Roche zum ersten Mal mit. „Ich finde hier alle sehr sympathisch“, lobt er Gastgeber und Organisatoren. Auch Helmut Naczynksi kommt bei der Beschreibung der Qualität der Partnerschaft ins Schwärmen: „Mit unseren französischen Freunden ist das eine sehr lebendige Sache.“ Das bezeugen mehrfache Besuche übers Jahr verteilt. Der direkte Kontakt ist Franken und „Limousinern“ wichtig. Es werde nicht in Hotels, sondern, trotz mancher Sprachbarriere, in Gastfamilien übernachtet, beschreibt der Vizevorsitzende des Kulturvereins das Konzept. Die Unterbringung von 45 Gästen aus dem Limousin an diesem Wochenende stelle die Organisatoren durchaus vor eine anspruchsvolle Aufgabe.

Mit Speck und Walnüssen

In der Zwischenzeit sind die Köche im Endspurt. Der klassische Limousinsalat, der mit Speck, Entenmägen und Walnüssen an Gewicht gewinnt, wird vorbereitet. Und nicht zuletzt entsteht die Sauce Gribiche. Eine kalte Soße auf Olivenölbasis mit Kapern, Petersilie, Senf, Schalotten und gehacktem Ei rundet das Genusserlebnis Kalbskopf ab.

Jacques Barney kontrolliert den Fortschritt in Töpfen und Schüsseln. Er trägt eine große Verantwortung. Denn wieder im Limousin angekommen, muss er dem Grand Maître de veau Rede und Antwort stehen. La tête de veau, da dulden die Franzosen keine Nachlässigkeit, muss perfekt in der Zubereitung und in würdigem Rahmen präsentiert werden. In Oberasbach ist das bestens gelungen. Die Resonanz auf diese Spezialität des Limousin war eindeutig, das Lob für fränkische Verhältnisse fulminant: „Das“, so brachte es ein Gast auf den Punkt, „kann mit einem Schäufele mithalten.“

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