Oberasbacher Erzählcafé: "Es geht um die eigene Geschichte"

6.4.2017, 06:00 Uhr
Oberasbacher Erzählcafé:

© Foto: ts

Wie sind Sie zum Erzählcafé gekommen, Herr Christgau?

Nicolas Christgau: Ich habe vor einem Jahr mein Lehramtsstudium abgebrochen und bin wieder nach Oberasbach gezogen. Ich studiere jetzt Soziale Arbeit, und da bietet es sich an, ehrenamtlich aktiv zu sein. Aber natürlich spielt auch eine gewisse Selbstlosigkeit und Uneigennutz eine Rolle. Ich habe mich zuerst ans Freiwilligenzentrum Fürth gewandt und wurde dort an Oberasbachs Quartiersmanagerin Renate Schwarz verwiesen. Das Projekt war gerade im Entstehen und kam mir entgegen, ich arbeite gerne mit Erwachsenen bzw. älteren Menschen.

Welche Aufgaben haben Sie als Moderator ?

Christgau: Ich leite die Runde ein, sage, um was es geht und erläutere die Gesprächsregeln. Das ist ganz besonders wichtig, denn zum Erzählen gehört auch das Zuhören. Ich muss durchaus mal einschreiten, wenn Teilnehmer zu lange reden. Oder wenn ich merke, da möchte jemand etwas sagen, kommt aber nicht zum Zug oder traut sich nicht. Am besten ist es, wenn ich wenig tun muss und die Runde lenke, ohne dass die Leute es merken. Aber meistens bin ich nicht so gefordert, die Sache läuft gut.

Sie sind auch eine Art Stichwortgeber?

Christgau: Wenn es hängt, dann ja. Natürlich machen Renate Schwarz und ich uns vorher Gedanken zum Thema und zu wichtigen Unterpunkten. Beim ersten Mal hatten wir zu Weihnachten eine Erzählerin. Doch dann haben wir gemerkt, dass es das gar nicht braucht. Wir haben die Veranstaltung zwei Mal mit einem Gedicht begonnen, das jeder kennt. Außerdem haben wir immer einen kleinen Koffer mit passenden Bildern und Dingen dabei, die herumgereicht werden, das ist wichtig. Christbaumkugeln hatten wir beispielsweise oder Schlittschuhe. Und dazu fällt unseren Besuchern eigentlich immer etwas ein.

Welches Ziel verfolgt das Projekt des Quartiersmanagements?

Christgau: Es soll zunächst eine Plattform für Menschen verschiedener Altersgruppen sein. Das Ganze steht unter dem Oberbegriff Biographie-Arbeit. Es geht nicht um Debatten oder Diskussionen, sondern um die eigene Geschichte, darum, sich zu erinnern und zu erzählen. Außerdem gibt es Kaffee und Kuchen. Gerade die älteren Menschen, bei denen Vereinsamung oft ein Problem ist, freuen sich, wenn da andere sind, die ihnen zuhören. Eine Frau hat den Artikel über unsere Weihnachtsveranstaltung in den Fürther Nachrichten gelesen und uns einen Brief mit ihren Erinnerungen geschrieben. Wir haben sie eingeladen und sie war beim nächsten Treffen dabei.

Wie wählen Sie Ihre Themen aus?

Christgau: Am Anfang wollen wir uns zunächst einmal am Jahreslauf orientieren. Nach Weihnachten und Winter steht das nächste Treffen unter dem Motto "Vom Frühling bis zum Tanz in den Mai". Da kann man auch etwas mit Duft machen. Wir arbeiten mit allen Sinnen und fächern die Themen breit, so dass jeder etwas findet, an das er sich erinnern kann. Und man muss sich bei uns auch nicht anmelden, wer will, kann kommen.

Gibt es etwas, neben Ihrem studienbedingten Interesse, das Sie für sich aus dem Erzählcafé herausziehen?

Christgau: Ich habe zwar Großeltern, aber zu der Altersklientel, die sich hier trifft, eigentlich nicht so den Kontakt. Ich finde es faszinierend, was die Menschen so berichten, das sind ja auch Zeitzeugen. "Du hast gestohlen oder du musstest Hunger leiden." Das sagte ein Mann beim Thema Winter mit Blick auf die Kriegszeit. Das ist für jemanden in meinem Alter schwer vorstellbar.

"Erzählcafé", Thema: "Vom Frühling bis zum Tanz in den Mai", Sonntag, 30. April, 15 Uhr bis 16.30 Uhr, Bürger-Info-Treff Oberasbach, Am Rathaus 2-4, Quartiersmanagement Oberasbach der Diakonie Fürth, Tel. (09 11) 80 19 35 69

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