Oberasbacher Modell macht Schule

10.5.2015, 06:00 Uhr
Oberasbacher Modell macht Schule

© Foto: Sabine Rempe

Samstagsstille herrscht in den langen Gängen, die Klassenzimmer in der Pestalozzischule sind verwaist – bis auf eines. Dort sitzt zum Beispiel Lisa vor ihrem Matheheft. „Promille-Rechnungen“, erklärt die 13-Jährige, die die M 8 besucht, „wir haben das gerade wiederholt und ich kann’s jetzt schon.“ Dominik Heller stimmt ihr zu. Er ist 16, geht in die zehnte Jahrgangsstufe und sein Klassenzimmer liegt für gewöhnlich knapp anderthalb Kilometer entfernt im Bonhoeffer-Gymnasium.

„Meine Noten in Mathe waren gut, da habe ich gedacht, wenn ich helfen kann, da wo ich gut bin, dann setze ich mich halt mit Leuten zusammen, die ein bisschen Unterstützung brauchen können.“ So einfach klingt es, wenn Dominik erklärt, was hinter dem Verein „Schüler helfen Schülern“ (SHS) steckt.

Wie alle findigen Einfälle ist das Prinzip im Grunde ganz einfach. Darauf gekommen ist Gerhard Pappler (54), Vater von zwei Söhnen. „Ich habe im Januar 2007 im Bonhoeffer-Gymnasium damit begonnen, für die Kinder einer siebten Klasse Nachhilfe zu organisieren, indem ich versucht habe, Schülerinnen und Schüler aus höheren Klassen dafür zu motivieren, als Tutoren mit den Jüngeren den Unterrichtsstoff zu festigen.“ Mit großem Engagement und umfassender Organisation stellte Pappler ein Konzept auf die Beine, das so hervorragend ankam, dass 2009 ein Verein unter der Schirmherrschaft von Landrat Matthias Dießl gegründet werden konnte.

„Schüler helfen Schülern“ hat sich seither vielfach bewährt. Pappler freut sich: „Die jungen Tutoren sind unglaublich motiviert und kümmern sich ganz toll. Wir haben noch nie schlechte Erfahrungen gemacht.“ Er kann beeindruckende Zahlen vorlegen: „Seit der Vereinsgründung haben bereits 800 Schüler den Service in Anspruch angenommen und 370 Tutoren waren dabei.“ Ganz neu ist die Ausweitung auf eine weitere Schule: Jugendliche vom Bonhoeffer-Gymnasium unterstützen nun auch regelmäßig Jungen und Mädchen aus der Pestalozzi-Mittelschule Oberasbach beim Nacharbeiten des Unterrichtsstoffs.

Britt Inci, Klassenleiterin der 7 a an der Pestalozzischule, stieß hier die Initiative an und begleitet nun die Treffen. Wie üblich gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird ein Lerntermin am Nachmittag zu Hause vereinbart oder man kommt am Samstagvormittag in der Schule zusammen. Für Britt Inci ist dieses neue Angebot gleich in mehrfacher Hinsicht eine ausgezeichnete Lösung: „Zum einen wenden sich häufig Eltern an uns, die sich nach Nachhilfemöglichkeiten erkundigen. Zum anderen habe ich schon immer bedauert, dass unsere dreigliedrigen Schulen so selektiv arbeiten.“

Nicht zuletzt bietet SHS nun die Chance, dass sich Jugendliche aus verschiedenen Schularten besser kennenlernen und Kontakte knüpfen. Pestalozzischulleiter Jürgen Knorz lobt außerdem: „Damit wird eine wichtige Lücke geschlossen zwischen den vielen verschiedenen Fördersystemen, die es an unsere Schule gibt, wie etwa die Schülercoaches oder die Berufseinstiegshilfe.“

Julia Haaf (17), die am Bonhoeffer-Gymnasiums die 11. Jahrgangsstufe besucht, sammelt seit einem Jahr Erfahrungen als Tutorin. Bis zu vier Mal in der Woche sitzt sie mit Jüngeren zusammen, wiederholt und verdeutlicht. „Ich bereite mich auf die Stunden vor und schaue in die Hefte der Jungen und Mädchen, damit ich alles genauso erkläre wie ihre Lehrer.“ Ganz nebenbei wiederhole sie auf diesem Wege ebenfalls den Stoff.

„Aber das Beste ist, wenn man dann erzählt bekommt, dass es eine gute Note gegeben hat“, macht Julia klar. „Stimmt“, sagt Britt Inci, „darüber freut man sich auch als Lehrer sehr.“

Es sind Erfahrungen wie diese, die Jürgen Pappler mittlerweile viele Anfragen und Info-Wünsche aus dem gesamten Bundesgebiet beschert haben: „SHS hat sich herumgesprochen, als Nächstes werden hier in Oberasbach die beiden Grundschulen bei uns mitmachen, da sprechen wir jetzt bald die Termine ab.“

Im samstäglichen Mittelschul-Klassenzimmer knöpft sich Alessio (12) inzwischen eine Dreisatzaufgabe vor. Tim Rösiger (16) aus der Elften im Bonhoeffer-Gymnasium sitzt bei ihm, bereit, wenn nötig, weiterzuhelfen. Von Alessio gibt es dafür Lob: „Das ist gut, weil es besser ist, wenn man alleine etwas erklärt bekommt. Und der Tim bleibt immer ganz ruhig.“ Franziska (12) sieht das genauso: „Tim ist wirklich ein guter Erklärer.“

www.shs-kids.de

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