Ohne Bammel auf dem Weg zur Prinzessin

13.12.2017, 15:15 Uhr
Ohne Bammel auf dem Weg zur Prinzessin

© Foto: Ulrich Schuster

Am Ende geht’s zu lang raus, das sei furchtlos kritisiert. Da brabbelt der angetüterte König (die wandlungsfähige Sunna Hettinger in einer von sechs Rollen) allzu verzwackt-verwickt-verzwirbelt und mit einigen Hundert Gramm Text zu viel über das Schicksal seiner Tochter (genau: Sunna Hettinger) und über die Details der zu bestehenden Prüfung. Nach über einer Stunde Spielzeit fehlt dem jungen Publikum die Kondition, um der Poesie der letzten Momente dieser Produktion noch einen Funken Zauber abluchsen zu können.

Prinzessin ausgeschlafen und bildschön obendrein: Das ist übrigens der Moment, für den sich der Bub mit viel Puste abgerackert hat; der Moment, in dem er endlich, endlich das Fürchten lernt. Wer aber fürchtet, hier wird jetzt die entscheidende Pointe verraten, kann entspannt bleiben.

Besorgte Eltern und Lehrer ebenfalls, denn vom Splatter-Horror des Grimm’schen Märchen-Originals bleibt in dieser grundschultauglichen Schauspielfassung von Michail Bartenjew und Jutta Schubert — ja, was eigentlich? Im Grunde bleibt alles. Jedoch zerlegt und lustig gemacht mit dem Magierstab des Theaters. Was Regisseur Gerd Beyer, der präzise, körperlich und unbetulich agieren lässt, sagen will, ist: Genießt es, denn genau das hier ist Theater. Und das Schöne ist: Es funktioniert nach wie vor. Wenn es dunkelt, fette Wolken dräuen, der Kauz ruft und der Nebel zischelnd über die Bühne wallt, dann ist es Zeit für Hunderte "Ahs" und "Ohs" im Saal und eben auch für ein bisschen Ist-das-vielleicht-doch-echt-hier-Grusel. In Kombination mit einer fein zusammengestellten Geräusch- und Musikdramaturgie (daheim gleich mal wieder den "Zauberlehrling" von Paul Dukas anhören!) wird daraus ein erkenntnis- wie erlebnisreicher Theaterbesuch.

Hauptdarsteller ist neben dem Kult-Quartett die Bühne. Angela Loewen hat schiefe, variable, sich rasch ins Weite öffnende Räume geschaffen, gleichsam starke Bilder für eine Familie in Schieflage. Denn die drei Brüder haben keinen Vater mehr; der grundgute Jüngste, von Jördis Trauer eine Spur zu zart auf der Mittelspur gehalten, spricht manchmal mit dem Papa und verspricht, sein Bestes zu geben, auf dass es ihn ganz bald grusle.

Just dafür tun die zwei älteren Brüder so einiges. Boris Keil und Tristan Fabian im Dick-und-Doof-Look dürfen hier voll auf die Quatschmach-Tube drücken und sogar am "Galgen" situationskomisch vorführen, dass ihre eigenen Hosen ("Ich muss mal!") die vollsten sind. Ehrensache, dass Kampfkünstler Fabian mit Keil ein Krücken-Duell hinlegt, bei dem der Saal abhebt vor Lachen. Schon seit die Bilder laufen lernten, wieherten die Leute über den Komiker, der selbst am meisten auf die Mütze kriegt. Man schaut hier mit dem Kult-Ensemble gleichsam ins Räderwerk der Slapstick-Historie. Es rattert noch immer.

Ein großes, rasant, aber nicht überdreht gespieltes Vergnügen mit anrührender Schlussbotschaft — und die taugt wirklich nicht nur zur Weihnachtszeit.

Z"Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen": Stadttheater. Termine für Schulklassen bis 21. Dezember. Termine für alle: 17. (15 Uhr), 25. (18 Uhr) und 26. Dezember (15 Uhr). Karten im FN-Ticket-Point (Schwabacher Straße 106, Tel. 2 16 27 77) und an der Theaterkasse.

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