Ohne Überwachungsdruck gehts im Straßenverkehr nicht

9.1.2012, 09:00 Uhr
Ohne Überwachungsdruck gehts im Straßenverkehr nicht

© Thomas Scherer

2010 waren im Vergleich zum Vorjahr im Landkreis steigende Unfallzahlen zu verzeichnen. Kann man schon abschätzen, wie sich die Situation 2011 darstellt?

Rudolf Müller: In der Regel – ich beobachte das Geschehen ja bereits einige Zeit – ereignen sich im Landkreis zwischen 1800 und 2000 Unfälle jährlich. Ich denke, dass wir 2011 ungefähr zehn Prozent weniger haben und damit wieder unter der 2000er-Marke liegen werden. Das ist einfach der Witterung geschuldet, im November und Dezember gab es keinen Schnee.

Der schwere Unfall auf der B 8 markierte 2011 sicher den tragischen Tiefpunkt. Wie reagiert die Kommission darauf?

Karl-Heinz Harlacher: Wir machen uns – vornehmlich aus den Ermittlungsergebnissen der Polizei – ein Bild. Wichtig dabei: Was war ausschlaggebend für den Unfall? Dann gibt es einen Ortstermin und wir überlegen, was wir tun können. In dem angesprochenen Fall sind die Ermittlungen aber noch nicht abgeschlossen.

Wenn man die besagte Unfallstelle auf der B 8 betrachtet, mag sie zunächst harmlos wirken. Anders sieht die Situation vielleicht aus, wenn man ein Auto vor sich hat, das Blickfeld eingeschränkt ist, und man dennoch überholt. Wie verschaffen Sie sich einen Eindruck?

Harlacher: Es ist natürlich schwierig, die reale Situation zum Unfallzeitpunkt nachzuvollziehen. Wir stellen uns dort auch nicht nur hin. Wir befahren die Strecke mehrmals aus beiden Richtungen im normalen Verkehrsgeschehen. Wichtig ist die Frage, muss ich aufgrund dieses Geschehens reagieren und, wenn ja, wie?

Forderungen nach einem Überholverbot und Geschwindigkeitsmessungen wurden schnell laut. Was bringen solche Maßnahmen?

Müller: Ganz lax formuliert: Man kann ein Schild aufstellen, wenn aber kein permanenter Überwachungsdruck da ist, nützt das nichts. Wenn Verbote oder Tempolimits überwacht werden, gehen die Verstöße zurück. Finden keine derartigen Maßnahmen statt, wird die Stelle in der Regel wieder auffällig.

Von aktuellen Anlässen abgesehen, wie arbeitet die Unfallkommission?

Markus Schneider: Wir stützen uns auf eine sogenannte Unfalltypen-Steckkarte, in die jeder Unfall aufgenommen und typisiert wird. Der Name rührt noch von früher her, als wirklich Stecknadeln mit unterschiedlichen Kopfgrößen – je nach Schwere des Unfalls – zum Einsatz kamen. Heute geht das alles elektronisch über die Zentralstelle in München. In Intervallen von drei Jahren wird eine aktuelle Karte erstellt. Im Mai/Juni bekommen wir die neue Ausgabe, dann setzen wir uns zusammen zu einer großen Auswertung. Aber natürlich haben wir auch das Unfallgeschehen dazwischen immer im Blick.

Tätig wird die Kommission, wenn sich Unfallhäufungen herauskristallisieren. Wie werden diese definiert?

Harlacher: Wenn sich drei Unfälle innerhalb von drei Jahren mit schweren Personenschäden innerhalb einer Zone von 1000 Metern ereignen, sprechen wir von einem Unfallschwerpunkt.

Im Februar 2007 kamen zwei Jugendliche bei einem Unfall am Wolfgangshof ums Leben. In den folgenden beiden Jahren gab es zwei weitere schwere Vorfälle. Trotzdem sprach die Kommission nicht von einem Unfallschwerpunkt, weil die Geschehnisse sich nicht in einem Beobachtungszeitraum ereigneten, sondern sich über zwei Zeit-Intervalle erstreckten. Ist das nicht ein Schwachpunkt in der Betrachtungsweise?

Harlacher: Der Unfall hat uns seinerzeit stark beschäftigt, gerade weil zwei junge Menschen umgekommen sind. Für die Maßnahmen, die wir treffen, spielt der Zeitraum keine Rolle. Allerdings hilft uns die Statistik, um unser Vorgehen zu begründen. Aber: Die Ursache des tragischen Vorfalls war menschliches Versagen, da hätten weder eine Beschilderung noch Rodungsmaßnahmen im entsprechenden Bereich etwas genutzt. Als Sofortmaßnahme wurde eine Richtungstafel aufgestellt, um den Kurvenverlauf darzustellen. In den vergangenen zwei bis drei Jahren ist nichts mehr passiert.

Wo liegen die Unfallschwerpunkte im Landkreis?

Harlacher: Die Kommission gibt es seit 1999. Seitdem begleitet uns beispielsweise die Rothenburger Straße mit den Abschnitten zwischen Weinzierlein und Ammerndorf sowie Ammerndorf und Vincenzenbronn. Bei der Umgehung, die derzeit gebaut wird, haben wir darauf gedrungen, dass die Trasse Richtung Weinzierlein ein wenig verlängert wird, um die dortige Kurve zu entschärfen.

Noch nicht so weit ist es bei der Staatsstraße zwischen Ammerndorf und Cadolzburg. Hier soll die Kurve bei Steinbach aufgeweitet werden. Wann passiert das?

Harlacher: Auch diese Straße mit Unfallhäufungen am Ortsausgang von Ammerndorf und dem Abzweig nach Steinbach steht von Anfang an im Fokus. Dort haben wir alles probiert: Beschilderungen, Markierungen, Verbesserung der Fahrbahn-Griffigkeit, Intensivierung der polizeilichen Überwachung. Wir sind mit unseren Möglichkeiten am Ende, jetzt bleiben nur noch bauliche Veränderungen. Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren, die zeitliche Komponente ist schwer abschätzbar.

Sind die Unfallzahlen auf dieser Strecke so alarmierend?

Schneider: Durchaus. Seit dem Jahr 2000 gab es 88 Unfälle. In 20 Fällen waren Schwerverletzte zu beklagen, zweimal kamen Verkehrsteilnehmer ums Leben.

Ist denn die B 8 auch auffällig?

Müller: Der Unfall kürzlich bei Laubendorf war der erste derart schwere, seit die Kommission existiert.

Harlacher: Vor vielen Jahren gab es in Richtung Neustadt mit dem Abschnitt nach der Ausfahrt Horbach Probleme, weil es dort immer sehr schnell glatt wurde. Seit der Straßendienst ein besonderes Augenmerk darauf hat, ist das erledigt.

 

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