Oldtimer zum Mieten

31.7.2015, 20:35 Uhr
Oldtimer zum Mieten

© Foto: Anestis Aslanidis

Ein Start-Up der Generation 60 plus nennt Reinhold Kraus die 2013 gegründete Firma mit einem Augenzwinkern. Nachdem er sein gesamtes Berufsleben als Werbetexter gearbeitet hat, hat der 63-Jährige nun quasi sein Hobby zum Beruf gemacht.

„Ich spiele nicht Golf und mache auch keine großen Reisen“, sagt der gebürtige Marburger, „meine Leidenschaft waren schon immer Oldtimer.“ Eines seiner Prunkstücke, einen 1951 gebauten Citroen CV 15/6, hat er zuvor jahrelang selbst gefahren. Nun können ihn seine Kunden buchen — tageweise oder über ein gesamtes Wochenende.

Dass er und seine Frau in einem Alter, in dem andere in den Ruhestand gehen, noch einmal neue geschäftliche Wege beschreiten, erklärt Kraus so: „Quer durch sämtliche Generationen sind Sympathien für klassische Fahrzeuge vorhanden. Und viele Leute würden gern einmal damit fahren, ohne sich den finanziellen und organisatorischen Aufwand leisten zu wollen.“ Natürlich verschweigt er nicht, dass er damit auch Geld verdienen will.

Gangsterlimousine und Ente

Von März bis Oktober kann man Kraus’ Oldtimer mieten. Besonders in den Sommermonaten sind sie meistens an den Wochenenden ausgebucht. Die größte Zielgruppe sind Brautpaare und Menschen, die sich oder anderen einmal etwas gönnen möchten.

Etwa der Sohn, der seiner Mutter zum 50. Geburtstag ein Wochenende mit einem Citroen 2CV, der legendären Ente, schenkt. „Die Frau ist dann tatsächlich zwei Tage lang fast nur herumgefahren, weil sie sich an ihre Studienzeit mit der Ente erinnert fühlte“, erzählt Reinhold Kraus.

Oldtimer zum Mieten

© Foto: Anestis Aslanidis

Das ist das tragende Konzept von Driving Dreams: Autos, die ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Erinnerungen wach werden lassen. An Zeiten, in denen es finanziell eben nur für eine Ente reichte, jeder Gedanke mit dem Italienurlaub bildhaft mit dem Fiat 500 verbunden wurde, ein Mercedes SL spontan zum Tagträumen verführte und Jean Gabin die imposante Gangsterlimousine CV 15/6 fuhr. Ein weiteres Geschäftsfeld sieht er bei Firmenkunden. „Warum nicht einmal Mitarbeiter mit einem gemeinsamen Oldtimerwochenende belohnen“, fragt er, „besser geht Teambuilding doch gar nicht.“

Technisch betreut werden die Sympathieträger von einem erfahrenen Kfz-Meister, die Pflege ist Chefsache, während Ehefrau Uta als Geschäftsführerin Buchhaltung und Büro im Griff hat. „Ich habe schon mit zehn Jahren das Auto meines Vaters poliert, und das mache ich heute mit unseren Oldtimern“, sagt Reinhold Kraus, der schnell ins Schwärmen gerät, wenn er Lack, Chrom und das klassische Design vergangener Jahrzehnte vor sich sieht.

Wie jedes Geschäftsmodell birgt natürlich auch das Vermieten von Autos Risiken. „Unsere Freunde haben uns gewarnt, dass uns die Kunden die Autos kaputt fahren werden“, erzählt er. Doch er sei eben einer, der „gnadenlos an das Gute im Menschen glaubt“. Und bis auf kleinere Defekte wie abgebrochene Blinkerschalter oder Außenspiegel gab es bislang noch keine Schäden. Mit einer Ausnahme: Der Motor des 1971er Fiat 500 musste ausgetauscht werden. „Der verträgt kein Vollgas“, weiß Kraus. Der Kunde hatte das trotz der gründlichen Einweisung, die jeder erhält, offensichtlich vergessen.

Mit hohen Eigenbeteiligungen an der Klientel schadlos halten möchte er sich trotzdem nicht. 500 Euro muss jeder als Kaution hinterlegen, unabhängig vom Modell. „Die gibt es dann aber sofort zurück, nicht erst Wochen später per Überweisung.“ Autovermietung ist für Kraus Vertrauenssache. Die Preise liegen je nach Modell und Wochentag zwischen 200 und 580 Euro, inklusive 400 freien Kilometern. Das Einzige, was ihn in den vergangenen zwei Jahren beständig ärgert, sind Autoverleiher, die ihr Geschäft weder ordentlich anmelden noch die Umsätze versteuern. „Da finden sich im Internet in jeder Stadt welche, aber die Gewerbeaufsicht geht nicht dagegen vor.“ Kraus selbst bezahlt demgegenüber sogar GEZ-Gebühren für jedes Auto – obwohl in den meisten gar kein Radio drin ist.

 

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