Problemfeld Krippe

23.5.2012, 13:00 Uhr
Problemfeld Krippe

© Patrick Pleul/dpa

Der Blick in die Stellenanzeigen des Wochenendteils der Fürther Nachrichten genügt: Erzieherinnen und Erzieher sind gesucht. Sigrun Hübner-Möbus kann das aus der Praxis nur bestätigen. Früher, erzählt die Leiterin des Awo-Kindergartens Oberasbach, sei alles kein Problem gewesen. Wurde eine Kollegin schwanger oder war aus anderen Gründen eine Stelle zu besetzen, brauchte sie nur in den Stapel an Bewerbungsmappen auf den Schreibtisch zu greifen und konnte sich Kandidaten ausgucken, die den Ansprüchen genügten und ins Team passten.

Doch die Situation hat sich geändert. Elf Erzieherinnen, die Leiterin eingeschlossen, arbeiten in der Einrichtung an der Kulmbacher Straße. Im vergangenen halben Jahr waren drei Stellen zu besetzen. Was bei den Kinderpflegerinnen noch kein Problem ist, sieht bei den Erzieherinnen schon anders aus: „Es wird schwierig“, sagt Sigrun Hübner-Möbus.

Aus der Praxis kann auch Elisabeth Helmreich sprechen. Sie ist die Geschäftsführerin der evangelischen Kindergärten Roßtals und Ammerndorfs. Bei Kinderpflegerinnen hat sie noch keinen Mangel bemerkt, doch die passende Erzieherin zu finden, sei inzwischen nicht leicht. In diesem Zusammenhang bedauert sie, dass das Berufsanerkennungsjahr — die letzte Ausbildungsphase einer Erzieherin — nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert werde. „Die Träger“, erläutert Helmreich, „müssen sich das Geld für die Auszubildenden aus den Rippen schneiden.“ Wenn aus Geldmangel nicht ausgebildet werde, fehle es eben an qualifizierten Pädagoginnen.

„Wir merken noch keinen Fachkräftemangel“, sagt Pia Kutzera, Leiterin der Fürther Geschäftsstelle der Arbeitsagentur. „Bewerber sind bei uns aber nicht lange gemeldet.“ Die Nachfrage dokumentiert auch die Statistik. Um 8,4 Prozent stieg die Beschäftigung im Wirtschaftszweig „Erziehung und Unterricht“ in der Stadt, um 1,2 Prozent im Landkreis – das besagen die aktuellsten Zahlen vom September 2011. Derzeit kann die Arbeitsagentur in Fürth Stadt und Land 15 offene Erzieherstellen vermitteln. Diesen stehen sechs arbeitslos Gemeldete gegenüber. Einige Einrichtungen, weiß Kutzer, würden sogar höher qualifizierte Sozialpädagogen einstellen. Insgesamt, so die Expertin, sei die Arbeitsmarktsituation für Erzieherinnen „hervorragend“.

Ausbauziele korrigiert

Die Nachfrage nach Krippenplätzen, das stellt Sigrun Hübner-Möbus im Kindergarten fest, ist auch in Oberasbach da. Die Stadt hat ihre Ausbauziele inzwischen nach oben korrigiert. Vor einem Jahr wollte man ab 1. August 2013, ab da haben Eltern für U3-Kinder einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, noch für 35 Prozent der in Frage kommenden Kinder ein entsprechendes Angebot bereit halten. Jetzt hat der Stadtrat eine Quote von 40,5 Prozent beschlossen. Siebeneinhalb Krippengruppen sind an drei Orten in Planung – bis zum Sommer nächsten Jahres sollen die Projekte realisiert sein.

Für die Kommunen – die Stadt Oberasbach baut in der Linder Siedlung eine Krippe für fast zwei Millionen Euro – eine teure Angelegenheit, auch in der Folgezeit: Mit rund 44000 Euro an Betriebskostenförderung schlägt eine Krippengruppe pro Jahr zu Buche. Die Ausgaben durch den jetzt vorgesehenen weiteren Ausbau bezifferte der geschäftsleitende Beamte Wilfried Stünzendörfer auf circa 330000 Euro zusätzlich per anno.

Auch die Stadt Stein investiert kräftig in die Betreuung ihres Nachwuchses. Bis Ende 2013 werden 1,8 Millionen (inklusive staatlicher Zuschüsse) verbaut sein, um eine Betreuungsquote von 50 Prozent zu erfüllen. Selbst wenn die Hälfte aller Unter-Dreijährigen unterkommen kann, sei man nicht vor Klagen der Eltern, die ab Ende 2013 einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben, gefeit. Diese Erkenntnis hat Bürgermeister Kurt Krömer aus einem Gespräch mit einem Ministeriumsvertreter gewonnen. Es könnten ja 51 Prozent der Eltern einen Platz für Sohn oder Tochter brauchen und ihn einklagen.

Sorgen macht Krömer außerdem der Mangel an pädagogischen Kräften. Denn ausgerechnet in Zeiten knappen Personals hat man den Betreuungsschlüssel von einer Fachkraft pro 11,5 auf elf Kinder erhöht. Was sich nach wenig anhört, kann sich in Personalfragen verheerend auswirken. Denn die Zahl der Kinder ist nur eine theoretische Größe, die sich aus den von den Eltern gebuchten Stunden in der jeweiligen Kita zusammensetzt. Es kann also sein, dass an einem Tag nur sechs Kinder da sind, am nächsten dafür zwölf, das Personal aber muss vorgehalten werden.

Die stolze Summe von 7,4 Millionen Euro gibt Zirndorf allein heuer für seine Kinderbetreuung aus. Ein enormer Kraftakt, der die Stadt tief in die roten Zahlen treibt. Bürgermeister Thomas Zwingel hält ihn zwar für schulterbar, fürchtet jedoch die Folgekosten. Denn die Kosten für Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen belasten die kommunale Haushalte künftig Jahr um Jahr. Das Betreuungsgeld lehnt er rundweg ab, denn sollte es kommen, werde den Städten und Gemeinden jede Planungssicherheit genommen. Teuere Krippen ohne Kinder und vielleicht ohne Personal— das könne nicht das Ziel sein.

 

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