Risiko Hochwasser

26.8.2016, 13:00 Uhr
Risiko Hochwasser

© Archivfoto: Rabenstein

Das nächste Hochwasser kommt bestimmt und den absoluten Schutz davor gibt es nicht. Das betont Ulrich Fitzthum, Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, und zieht eine Tabelle hervor. Darauf verzeichnet sind die Hochwasserstände aus Nürnberg seit dem 14. Jahrhundert. Der lange Aufzeichnungszeitraum macht ganz deutlich: Auch nach Jahrzehnten ohne über die Ufer tretende Fluten wiederholen sich solche Ereignisse immer wieder, in Nürnberg zuletzt 1909. Dass es seit über 100 Jahren in der Stadt zu keinem großen Hochwasser mehr kam, ist für Fitzthum nur ein glücklicher Zufall.

Genau wie die so gemächlich dahinfließende Pegnitz in Nürnberg können Bibert, Zenn oder Rednitz ihr Bett verlassen, wenn die Regenfälle in kurzer Zeit entsprechend hoch sind, der Boden mit Wasser gesättigt, gefroren oder versiegelt ist. Auch im Landkreis Fürth können sich kleine Bächlein in gefährliche Ströme verwandeln. Und gerade an den kleinen Fließgewässern gibt es keine Vorwarnzeit, wohingegen man für die Anrainer an Strömen wie Donau und Elbe berechnen kann, wann die Flutwelle eintrifft. „An kleinen Bächen reicht die Zeit meist nicht mehr, Sandsäcke zu befüllen“, meint Fitzthum.

Doch wie groß der Schaden bei Hochwasser sein wird, darauf hat der Mensch Einfluss. Wichtig ist es, zunächst die Flussräume von Besiedlung freizuhalten. Wenn die Zenn ihr Bett verlässt und nur einige Wiesen überflutet sind, dann hält sich der Schaden in Grenzen. Anders ist es, wenn die Bebauung nahe an die Flussauen heranrückt.

„Es ist für uns nicht leicht zu überzeugen, wenn Flächen Bauland werden sollen und wir sagen müssen, das ist Hochwassergebiet“, sagt Ulrich Fitzthum. Erlebt hat er das beispielsweise im Landkreis Fürth, als es um den Neubau eines Supermarktes ging: „Hier wurde um jeden Zentimeter gerungen.“

„Der Mensch ist vergesslich“, meint der Behördenleiter, und wenn sich nicht einmal der Großvater an ein Hochwasser erinnere, dann werde der Betroffene auch ungläubig gegenüber Experten. Hochwasser ist ein Ereignis, dass zwar nicht häufig vorkommt, aber wenn, dann sind die Schäden immens.

Im Landkreis Fürth sei es jedoch bislang ganz gut gelungen, die Talräume freizuhalten. Die Stellen, an denen es an größeren Gewässern im Ernstfall kritisch werden könnte, sind auf sogenannten Risikokarten rot markiert. Jede Kommune findet sich auf solchen Karten, die die Wasserwirtschaftsämter zur Verfügung stellen und kann daraus entwickeln, was sie zur Vorsorge tun kann und wie sie im Ernstfall handeln muss: einen Alarmierungsplan festlegen, die Kläranlage abstellen, Umleitungen ausweisen oder Gebäude evakuieren.

Technik allein hilft nichts

Allein mit technischen Bauwerken einen absoluten Schutz zu bieten, ist eine Illusion. Hochwasserfreilegung hieß das früher und wiegte in trügerischer Sicherheit. „Inzwischen ist man weiter und weiß, das allein funktioniert nicht“, sagt Stefan Bertelmann, Fachbereichsleiter Wasserbau. Deshalb beschäftigt man sich seit 2010 europaweit mit einer Richtlinie, die mit dem Wortungetüm „Hochwasserrisikomanagement“ bezeichnet wird. Es werden die Risiken bewertet und gebaut wird vor allem dort, wo man mit dem geringsten finanziellen Aufwand den größten Effekt erzielt.

Im Landkreis ist das in Wilhermsdorf der Fall. Dort hat der Ulsenbach immer wieder Probleme gemacht und den Ortskern unter Wasser gesetzt. Noch bis 2017 werden mit Förderung durch den Freistaat die schützenden technischen Bauwerke durch die Gemeinde erweitert.

Einer der ältesten Bauten dieser Art im Landkreis soll Zirndorf trocken halten. Er entstand in den 1980er Jahren und leitet das Wasser des weitgehend verrohrten Banderbachs ab, falls bei Starkregen die entsprechende Kapazität der Rohre nicht ausreicht. Ein Tunnel nahe des heutigen Neubauviertels Pinderpark nimmt die Fluten auf und leitet sie in die Bibert ab. Selbst Orte, die kaum Fließgewässer haben, können sich nicht in Sicherheit wiegen. Ein Foto aus Roßtal aus den 1930er Jahren belegt, dass es auch dort zu einer Überflutung kam, die ihren Ursprung in einem kleinen Graben nahm, in dem sonst nur ein Rinnsal fließt.

Ein anderes Problem ist die Siedlungsentwässerung. Ein heftiges Gewitter kann ausreichen, um die Kanalisation zum Überlaufen zu bringen. Hier seien die Kommunen bei der Planung gefragt, so Fitzthum. Das Wasserwirtschaftsamt, das als Behörde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen gehört werden muss, gibt immer wieder Hinweise, die zu Planänderungen führen

Und nicht nur die Kommunen sind in der Pflicht, Notfallpläne zu entwickeln und an die richtige Entwässerung neuer Baugebiete zu denken, sondern auch jeder einzelne Bauherr muss Vorsorge treffen, meint der Chef der Behörde. Zumindest eine Elementarschaden-Versicherung sollte jeder Immobilienbesitzer abschließen, empfiehlt er.

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