Sauberer Strom: Jung appelliert an die Gegner

24.3.2010, 00:00 Uhr
Sauberer Strom: Jung appelliert an die Gegner

© Hans-Joachim Winckler

Das Rauschen im Ohr ist im wahrsten Sinne ganz natürlich. Doch in den gleichmäßigen Klangteppich der Rednitz, die an der Foerstermühle über das Wehr braust, webt sich ein anderer Ton: Das dumpfe Brummen von Turbine und Generator, die mit der Kraft des Wassers Strom erzeugen. Für Anwohner kann dieses Geräusch ein steter Quell des Ärgers sein, weiß Fürths Rathauschef Thomas Jung. Die Entwicklung des großen Backsteinbaus an der Wolfsgrubermühle, der seit vielen Jahren leer steht, geht nach seinen Worten auch deshalb nicht voran, weil dort ebenfalls mit Wasser lautstark Strom produziert wird.

»Jegliche Form von regenerativer Energie hat auch einen Haken», sagt der OB und seufzt, denn die Schlussfolgerung ist in seinen Augen fatal: »Jeder will sauberen Strom, nur vor der eigenen Haustür soll er nicht entstehen.» Beispiele kennt er viele. Da wäre die Biogasanlage, die der Energieversorger infra Fürth in einem Cadolzburger Gewerbegebiet plant. Hier begehren die benachbarten Seukendorfer auf, die unter anderem fürchten, unter Gerüchen und dem Schwerlastverkehr leiden zu müssen.

Da wäre ein Windpark in Oberfranken, bei dem die infra als Mitinvestor auftreten möchte, der allerdings ebenfalls von Anwohnern bekämpft wird. Und da wären die Solaranlagen, die in jüngster Zeit auf Freiflächen in Fürth entstanden sind - zum Leidwesen von Naturschützern und anderen, die sich um das Landschaftsbild sorgen. Eine weitere Anlage auf freiem Feld ist bei Ritzmannshof in Planung. Gegner gibt es auch hier zur Genüge.

Nach Angaben aus dem Rathaus werden in Fürth derzeit 11,5 Prozent des Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien abgedeckt. Nummer eins ist die Photovoltaik, die 7,3 Millionen Kilowattstunden beisteuert, 7,2 Millionen erzeugen die vier Wasserkraftwerke auf Fürther Stadtgebiet, 3,6 Millionen stammen aus Biogasanlagen und 2,3 Millionen aus der Verbrennung von Gasen, die an Mülldeponien und der Kläranlage entstehen.

20 Prozent in vier Jahren

Der OB ist überzeugt davon, den Anteil regenerativer Energien innerhalb der nächsten vier Jahre auf 20 Prozent steigern zu können - sofern die Leistung der Photovoltaikanlagen wie bisher um ein Megawatt pro Jahr wächst und sofern die Biogasanlage bei Cadolzburg realisiert werden kann. Anderswo stoße man in Fürth hingegen an Grenzen: bei der Wasserkraft zum Beispiel und bei der Nutzung von Deponie- und Klärgasen.

Für die Bedenken und Einwände der Gegner zeigt Jung Verständnis, abbringen lassen will er sich von den Vorhaben jedoch nicht. »Wir wollen den Konsens, aber wir können nicht verzichten», sagt er. Die Alternative sei, in den kommenden Jahrzehnten weiter auf Atomenergie und Kohle zu setzen. Für Jung nicht akzeptabel.

Zudem sei es das Beste, den Ökostrom gleich selbst zu produzieren. Von der aktuellen Lösung der infra, die ihren Strom zu 100 Prozent von norwegischen Wasserkraftwerken einkauft, hält er offenbar nicht viel: »Die Norweger beziehen dafür billigen Atomstrom aus Frankreich», klagt er. »Das ist doch alles undurchschaubar und lediglich Geschäftemacherei.»

Zwar sei der globale Klima-Gipfel in Kopenhagen gescheitert, dafür müsse man sich aber nun auf lokaler Ebene umso stärker anstrengen - am besten gemeinsam, wie Jung findet. Daher appelliert er an die Bürger, künftigen Projekten keine Steine in den Weg zu legen und bittet um Verständnis. »Es gibt gegen jede Form der Stromerzeugung Einwände», sagt der OB, »aber gerade deshalb können wir nicht allen nachgeben.»