Schimmel in der Philosophie

24.11.2014, 08:40 Uhr

Dabei hätte sich unter dem Arbeitstitel „Wer bin ich — und wenn ja wie viele?“ wunderbar über die seelische Verfasstheit von Straßenbaustellen räsonieren lassen. Precht, Karasek und Lanz wären gewiss gekommen.

Philosophie, sagen Philosophen, beginnt mit dem Staunen, also eigentlich mit dem weder von Wissen noch von Erfahrung getrübten Blick der Kinder. Siehe beispielsweise einen Dreikäsehoch, der eines Morgens aus dem Fenster blickte, über dem Gras lag noch ein Rest von Nachtfrost. Aber der junge Betrachter sagte eben nicht: „Raureif ist die Mozartmusik des Winters, gespielt bei atemloser Stille der Natur.“ Nein, er sagte: „Schau mal, draußen schimmelt's.“ Reinste Philosophie!

Manchmal werfen sogar Erwachsene noch Fragen auf, die Staunen machen. In der Stadt der Baustellen musste unlängst auch die FN-Redaktion aufgehübscht werden. Ein neuer Boden wurde verlegt, alle Schränke aus allen Zimmern türmten sich unmittelbar neben dem Konferenztisch auf. Das Team setzte sich um diesen Tisch, wegen der Enge ein wenig umständlicher als sonst, und dann durchdrang eine Kollegin den Raureif des Offensichtlichen, um fragend den Schimmel auf unserem Denken freizulegen: „Wo sind eigentlich die ganzen Möbel hin?“

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