Schlimmste Freunde

27.2.2017, 11:00 Uhr
Schlimmste Freunde

© Foto: Jürgen Frahm

Wer als ZDF-Krimifan Leonard Lansink nur als Ermittler Wilsberg kennt und Heinrich Schafmeister nur als dessen alten Kumpel, hat im Fürther Theater etwas verpasst. Die beiden, zusammen mit dem ebenfalls komödiantisch begabten Luc Feit, lassen in 80 Minuten eine Jahrzehnte alte Männerfreundschaft an einem banalen Streit so zerbröseln, dass es kein Morgen zu geben scheint.

Wie in einer erkalteten Ehe schlagen sich die drei mit kleinen spitzen Bemerkungen immer tiefere Wunden, bis die Schwächen des anderen schonungslos seziert sind. Und das alles mit so viel Komik und Witz, dass der Ernst der Lage erst langsam durchsickert.

"Warum treffen wir uns, wenn wir uns hassen?" fragt sich da der Papierhändler Yvan (wie im Fernsehen auch hier in der Rolle des Clowns und Verlierers: Heinrich Schafmeister).

Auslöser des Zerwürfnisses ist ein modernes Kunstwerk, das sich der Dermatologe und Aufsteiger Serge (glaubhaft den intellektuellen Aufsteiger verkörpernd: Luc Feit) für ein Schweinegeld geleistet hat. Sein Freund Marc (Leonard Lansink variationsreich als konservativer und arroganter Ingenieur) sieht da aber nur eine rein weiße Fläche und lacht sich krank, wie man sich "für so eine Scheiße" verschulden kann.

Wenn sich Marc und Serge genügend Gemeinheiten an den Kopf geworfen haben, wird ihr gemeinsames Opfer der willensschwache Yvan. Der kann auch nach sechs Jahren Psychotherapie nie zu seiner Meinung stehen, schlittert vom Mutter-Söhnchen-Dasein in eine unglückliche Ehe und versucht erfolglos, die Zerstörung des Männerbundes aufzuhalten. Als er eine Prügelei von Marc und Serge stoppen will, kriegt er die Schläge ab.

Die französische Erfolgsautorin Yasmina Reza ("Der Gott des Gemetzels", "Drei Mal Leben") hat mit "Kunst" eine Vorlage geschaffen, die die drei vielfältig engagierten Schauspieler grandios nutzen. Jedem nimmt man seine Motive, seine Stimmungen, seine Unsicherheiten und Gemeinheiten sofort ab.

Dazu kommen in der gerade erst gestarteten Tournee-Inszenierung der Direktion Landgraf viele lebendige Einfälle, die die Gefahr eines Wohnzimmer-Sprechstücks zuverlässig bannen: Zwei Taschentücher können da mitunter reichen. Mit dem einen verdeckt der Schnösel Serge sein Gesicht, weil ihn die Weinerlichkeit Yvans langweilt. Das andere hält Marc dem weinenden Yvan hin, um es ihm im letzten Moment wieder wegzuziehen. Demütigender können auch Worte nicht sein.

Regisseur Fred Berndt macht mit ganz wenigen Tricks aus der Bühne mal das Wohnzimmer des einen, mal des anderen. Der kahle weiße Raum von Serge, der sein weißes Bild noch absurder erscheinen lässt, wandelt sich mit ein paar Lichtstrahlen in ein rotgelbes Ambiente, das zu Yvans Hawaii-Hemd passt.

Als alle Bosheiten und Beleidigungen verteilt sind, endet das Stück doch noch hoffnungsvoll. Den drei Stars nimmt man sofort ab, dass ihre Figuren trotz aller Eitelkeit und Egomanie die Freundschaft nicht für immer beenden wollen. Großes Schauspieler-Theater. Langer Applaus. Nach dem Lachen kommt das Nachdenken.

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