Schollenfilet-Schäufele und Taschengeldglück

9.10.2010, 22:00 Uhr
Schollenfilet-Schäufele und Taschengeldglück

Sie trafen sich stets vor dem Rathaus. Und dann wurden die Groschen gezählt. Karlheinz Häfner lacht: „In meiner Kinderzeit, so um 1962, haben meine Freunde und ich immer zuerst gemeinsam unser Kärwageld nachgerechnet, denn danach entschied sich ja die Frage: Was kannst du überhaupt fahren?“

Weise Planung

Der 55-Jährige, heute Pfarrer in Reichelsdorf, weiß noch genau, wie er das Geld anlegte. Es ging um 50 Pfennig bis eine Mark („Das war dann richtig viel“), spendiert von der Oma. Eine Karussellfahrt kostete 20 Pfennig, weise Planung war also vonnöten: „Am Autoscooter haben wir manchmal gefragt, ob wir mitfahren dürfen“, erinnert sich der gebürtige Fürther.

Als größtes Glück entpuppte sich für ihn einst zu Kärwazeiten der Fund einer goldenen Damenuhr, die er brav zur Polizei brachte: „Da wurde sogar über die Zeitung die Besitzerin gesucht.“ Die Frau meldete sich und schenkte dem ehrlichen Jungen fünf Mark Finderlohn: „Das war unglaublich, damals kostete ja zum Beispiel eine Kugel Eis zehn Pfennig — für mich hieß das also, die Frau hatte mir einfach so 50 Kugeln Eis geschenkt.“

Schollenfilet-Schäufele und Taschengeldglück

© Hans-Joachim Winckler

Die größte Freude, sagt Häfner, stand für ihn als Kind am Ende der Kirchweih an: „Da durften wir manchmal beim Abbau der Geisterbahn tragen helfen.“ Nichts sei so angstraubend gewesen wie die Bretter, die zuvor so viel Schrecken bargen, demontiert zu sehen.

Solche Erlebnisse sind für Leif (4) und Mika (2) noch fern. Die beiden stehen mit ihrer Mutter Nadine Kühnlenz gerade vor der kniffligen Entscheidung, ob ein Dalmatiner-Luftballon mit nach Hause kommen soll. Oder doch lieber das aufgeblasene Pferd? Für die 35-Jährige ist die Frage nach der schönsten Erinnerung schnell mit einer ganz frischen beantwortet: „Ich war so stolz, als die beiden auf dem Kinderkarussell strahlend und mit leuchtenden Augen zusammen in einem Feuerwehrauto gefahren sind. Das war toll.“

Das Feine an Veit Bronnenmeyers nettestem Kärwa-Erlebnis ist, dass es sich auffrischen lässt: „Ich mag den Ammerndorfer Bierausschank auf der Fürther Freiheit“, bekennt der 37-jährige Schriftsteller. „Das ist die einzige kleine Brauerei im Landkreis Fürth, die hat noch so etwas Urwüchsiges.“ Ihm gefällt’s, „draußen am Stand zu stehen und nette Leute zu treffen“.

Schollenfilet-Schäufele und Taschengeldglück

Außerdem hat Bronnenmeyer einen wirklich einleuchtenden Grund für seine Recherche: Er schreibt gerade an Teil 2 seines „Bier-Führers“. Eines, sagt der versierte Krimiautor („Stadtgrenze“), hat er ganz sicher nicht im Sinn: „Es wird von mir kein Buch mit einer Leiche auf der Fürther Kärwa geben.“

Dafür hat Berni Weber (48) garantiert Verständnis. Schließlich versichert der Nürnberger, der als Kellner auf der Michaelis-Kirchweih arbeitet, dass schon jetzt zu seinen besten Erinnerungen gehört, „wie pfundig und nett die Fürther sind“.

Ein Fest

Schollenfilet-Schäufele und Taschengeldglück

Kirchweih ist für Edith Jordan immer ein Fest, schließlich feiert die 67-Jährige in dieser Zeit auch ihren Geburtstag. Sie erinnert sich schmunzelnd an eine Einladung von Uwe Lichtenberg, der sie vor Jahren in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister an ihrem Ehrentag für den Erntedankzug auf die Tribüne bat: „Anschließend ging es gemeinsam zum Essen“, erzählt Edith Jordan, „und da habe ich Schäufele bestellt.“

Schollenfilet-Schäufele und Taschengeldglück

Gut, sie habe sich schon gewundert, als die Bedienung fragte, ob sie dazu Kartoffelsalat will: „Nein, natürlich einen Kloß“, hieß ihre Antwort. Lange Zeit tat sich nichts. Dann wurde als allerletztes ihr Essen gebracht: „Ich bekam — ein Schollenfilet.“

Ein kulinarischer Hörfehler und eine Erinnerung, die bis heute in ihrer Familie dazu führt, dass nicht nur etwaige Kirchweih-Schäufele ausdrücklich ohne Kartoffelsalat geordert werden.