Schultag mit Kippa und Berches

26.7.2013, 16:00 Uhr
Schultag mit Kippa und Berches

© Mark Johnston

Die Männer müssen unten sitzen. Die Frauen oben auf der Empore. Ein feinmaschiges Gitter schützt sie vor Blicken. „Wir sitzen in der Synagoge getrennt, aber nicht weil Frauen unrein sind oder so ein Schwachsinn“, sagt Rabbiner David Geballe. „Sondern weil Männer sich leicht ablenken lassen.“

Ein paar Siebtklässler kichern. „Zu Recht müssen die Männer unten bleiben“, findet Selina. Ihre Freundin Zoe sieht das ganz anders. „Ich finde das übertrieben“, sagt die Zwölfjährige. Doch in einem sind sich die beiden einig: Der Projekttag ist „voll interessant“.

Die Synagoge in der Hallemannstraße sehen die meisten der 120 Schüler an diesem Tag zum ersten Mal. Louis ist auf den Besuch in dem Gebetshaus gut vorbereitet: Er trägt einen schwarzen Hut. Wer keine Kopfbedeckung dabei hat, der bekommt eine schwarze Kippa, eine jüdische Gebetskappe, bevor er die Synagoge betritt.

In dem Haus des Gebets sind die Schüler plötzlich ganz still. Sie lauschen dem Vortrag des Rabbiners. „Was ist der erste Gedanke, der euch kommt, wenn ihr das Wort Judentum hört?“, fragt der. „Verfolgung“, sagt ein Schüler. „Hitler“, sagt ein anderer. Der Projekttag soll dazu beitragen, dass die Schüler mehr über andere Kulturen erfahren. Und dass Vorurteile erst gar nicht entstehen.

Die Synagoge ist nicht der einzige Ort, den sie besuchen: In Fürth stehen auch der jüdische Friedhof und das Museum auf dem Plan. In Nürnberg besuchen andere Klassen eine Moschee und in Bamberg wieder andere eine Synagoge.

Einzigartig in dieser Größe

„In der Synagoge sehen die Schüler, dass es aktives jüdisches Leben in Fürth gibt“, sagt Katrin Thürnagel vom Jüdischen Museum. Seit Wochen haben sie und ihre Kollegen den Projekttag vorbereitet. Von 9 bis 14 Uhr beschäftigen sie an diesem Tag die vier Klassen. Zwar kommen immer wieder mal Schulklassen ins Museum, aber „in dieser Größenordnung ist das Projekt einzigartig“, sagt Thürnagel.

Im vergangenen Jahr hat der „Tag der Kulturen“ schon einmal stattgefunden. Als die Schulleitung heuer wieder anfragte, musste Thürnagel nicht lange überlegen und sagte sofort zu. „Wir freuen uns, wenn die Gymnasien für so etwas Zeit finden.“ Gerade in Fürth, wo die jüdische Gemeinde vor 300 Jahren eine der größten im ganzen Land war. Davon sind freilich nur noch Bruchstücke übrig. Von den ehemals vier Synagogen hat nur eine überlebt. 320 Mitglieder zählt die orthodox-jüdische Gemeinde heute. Weil das Museum eben ein Museum ist, will Thürnagel auch davon erzählen, wie in der Gegenwart Hunderte Fürther ihren jüdischen Glauben leben. Das bedeutet für sie unter anderem, sich an religiöse Vorschriften zu halten.

„Das ist ja voll schwierig, sich koscher zu ernähren“, stellt Louis im Museum fest. Der nächste Metzger, der koscher schlachtet, sitzt in München. Manche jüdische Fürther bestellen das Fleisch übers Internet oder über die Gemeinde. Andere verzichten gleich ganz darauf.

Die Mädchen und Buben dürfen koscheres Essen auch selbst probieren. Gummibärchen etwa. Die enthalten keine Gelatine aus Rinderknochen, sondern aus Fischgräten. „Lecker“, findet Louis. Aber härter als normale Gummibärchen.

Auch der Berches — eine Art Mohnzopf, den es an Festtagen wie dem Schabbat gibt — kosten die Schüler. Das typische jüdische Brot kann man auch in Fürth problemlos zu besorgen. Ein Bäcker in der Theaterstraße bereitet es zu. „Er hat viele alte Rezepte“, erzählt Thürnagel. Bei ihm hat sie auch für den Projekttag eingekauft.

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