Schwedenhappen ganz ohne Zuckerguss

18.12.2017, 11:30 Uhr
Schwedenhappen ganz ohne Zuckerguss

© Foto: Hilda Lobinger

Mit Musik geht alles besser. Das ist ein schönes Leitmotiv und dieser Theaterabend wird nichts anderes behaupten. Ein Chor wird sich finden, Menschen werden aufeinander zugehen, am Ende ist eine starke Gemeinschaft entstanden. Eine schöne Geschichte, so anrührend erzählt, als wäre es ein adventliches Märchen für Große.

Der schwedische Regisseur Kay Pollak hat daraus einen Film gemacht, der zu den erfolgreichsten gehört, die je aus dem Sehnsuchtsland im Norden kamen. Fast hätte es dafür sogar einen Oscar gegeben. Jetzt könnte man sich fragen, warum Pollak aus dem Stoff auch noch ein Bühnenstück gestrickt hat? Denn – und das ist wirklich merkwürdig – als Musikspiel im Theater legt "Wie im Himmel" die Schwächen des Films bloß.

Die schlanke, schnörkellose Inszenierung von Dominik Wilgenbus und Jochen Schölch konzentriert sich komplett auf die Essenz des kleinen Dramas. Es geht um ein dichtes Beziehungsgeflecht in einem kleinen Dorf, das durchaus typisch ist. Da gesellen sich die Leithammel zu den Netten und den Frustrierten. Die Klatschmäuler zu denen, die Stoff zum Tratschen bieten. Das übliche halt. Auf der Bühne fällt nun auf, wie scherenschnittartig sie alle gezeichnet sind. Das auffallend typgerecht besetzte Ensemble spielt die aufkeimenden Konflikte erwartungsgemäß aus und kann tatsächlich sehr viel Spannung in die vorhersehbaren Kontroversen packen.

Die Theaterversion punktet gegenüber der nahezu opulenten Bildhaftigkeit des Films ausgerechnet im Verzicht auf Details. Die beliebte Astrid-Lindgren-Romantik hat diesmal keine Chance, als Schwedenhappen dürfen bloß zwei Mützen herhalten und das war es dann auch schon. Dreh- und Angelpunkt wird stattdessen ein Flügel, der alles sein kann. Supermarkt-Kasse, Podium oder – überraschend in der Tat – Fahrraddepot. Diese Zurückhaltung, die bei Requisiten und Ausstattung auffällt, prägt die gesamte Inszenierung und plötzlich ist dieser überzuckerte Nachgeschmack, den der Film zurückließ, verschwunden.

Kitschfrei bedeutet allerdings nicht, dass es keine rührenden Momente gibt. Für die sorgen die Darsteller mit einer Gradlinigkeit, die tatsächlich gefangen nimmt. Matthias Grundig ist als gefeierter Dirigent, der sich in der Einöde eine Auszeit verschaffen will, eine ausgezeichnete Besetzung, weil es ihm gelingt, seiner Getriebenheit authentisch Ausdruck zu geben. Vanessa Eckart (Lena) trägt die Geschichte mit der perfekten Portion burschikoser Sensibilität, die keinen Moment über das Ziel hinausschießt. Kompliment nicht zuletzt dafür, dass das Ensemble auch als Chor gut klingt. Nur der bigotte Pfarrer und der gewalttätige Ehemann dürfen nicht singen – ist klar, oder?

Und so behauptet sich die Aufführung ausgesprochen gut neben dem Film. Bleibt lediglich die Frage offen, ob den Theaterzuschauern, die nicht zuvor im Kino waren, sämtliche Verstrickungen in der komprimierten Bühnenfassung deutlich werden?

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