Schwuler Urahn

24.10.2017, 10:00 Uhr
Schwuler Urahn

© Foto: Schmidt Theater/Oliver Fantitsch

Erst "Caveman" (Höhlenmann), dann "Cavewoman": Natürlich musste im seit der Steinzeit währenden Geschlechterkrieg irgendwann auch noch das schwule Gegenstück, die "Cavequeen", folgen. Tivoli-Chef und Ex-St.-Pauli-Vorsitzender Corny Littmann führt selbst Regie in dem flotten Solo über das wahre Leben der Homosexuellen.

Das gewitzte Spiel mit Klischees und Vorurteilen wird von einem hervorragenden Darsteller getragen. Tim Koller bringt eine breite Erfahrung an Fernseh- und Bühnenauftritten mit. In "Cavequeen" muss er sich aber nicht nur selbst weit entblättern, er bezieht auch geschickt die Zuschauer in die Geschichte mit ein – so frech und charmant, dass selbst die schwer veräppelte Gabi aus der ersten Reihe schließlich mutig mit ihm auf der Bühne ein Tänzchen wagt.

Eifersucht und Langeweile

Koller spielt Sven, der mitten in der Nacht von seinem Liebhaber Bruno aus der gemeinsamen Wohnung geworfen wird. Hintergrund wie in jeder gutbürgerlichen Ehe: Eifersucht und Langeweile nach längerem Beziehungsalltag. "Wie Bruno immer die Zahncreme im Bad hinstellt!", jammert Sven. Und die Karte kann er als Beifahrer auch nicht lesen. Blöd nur, dass ihm Bruno jetzt im Zorn seine Klamotten auf die Straße wirft, während sich gleichzeitig Svens Mutter zu einem Besuch ankündigt.

Inmitten dieses Beziehungsdramas führt Sven alias Koller durch den schwulen Liebes- und Lebensalltag. Und weil es da bei Heteros immer noch so Bäh-Gedanken und –Wörter gibt, werden die zur Entspannung vom ganzen Zuschauersaal mal laut ausgesprochen. Koller durchstreift die weite Welt von Liebe und Paarungsverhalten — mit Ausflügen ins Tierreich, zu sich knutschenden Fußballern und schwulen Armeen.

Mit sehr viel Charme, Offenherzigkeit und guter Laune wirbt er für sexuelle Toleranz und trifft als historischen Kronzeugen schließlich die Cavequeen, steinzeitliche Vorfahrin der heutigen Schwulenbewegung. Sie sei hoch angesehen in ihrem Volk, verrät die Königin. Denn sie kümmert sich mangels eigener Kinder um die der anderen Höhlenmenschen, wenn die in den Krieg ziehen müssen. "Das beschleunigt die Evolution erheblich".

Weil die Evolution aber halt bis heute noch nicht in allen Köpfen ganz oder wenigstens ein bisschen angekommen ist — ja, auch über die Schwulenfeindlichkeit weltweit macht sich Koller Gedanken —, hat das Stück, das nun erstmals in Fürth zu sehen war, immer noch seine Berechtigung. Nachdenken über eigene Vorlieben und Vorurteile – mit dieser "Cavequeen" ist das ein Spaß für eine lange Nacht, wissenschaftlich fundiert.

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