Sein oder Nichtsein

30.7.2014, 11:00 Uhr
Sein oder Nichtsein

© Foto: Manfred Hierdeis

Das Bühnengerüst steht längst. Die Zuschauerplätze sind aufgebaut. Doch Markus Nondorfs Blick geht besorgt nach oben. Dunkle Gewitterwolken verleiten dazu, statt nach „Sein oder Nichtsein?“ im Moment besser nach „draußen oder drinnen proben?“ zu fragen. Eine Antwort, die für Erleichterung sorgt, gibt wenigstens in diesem Fall der Wetterbericht. Der kündigt für die ersten Aufführungstage nur Gutes an („es wird heiter und bleibt trocken“).

Beste Bedingungen also für das Trauerspiel um den traurigen Dänenprinzen. Bleibt eigentlich nur die Frage: Warum fiel die Wahl der TKKGler auf die Tragödie, die eher selten Open Air zu sehen ist? „Ich wollte den Hamlet schon immer mal mit Karsten Kunde machen“, sagt Nondorf und fügt mit entwaffnendem Freimut an: „Jetzt war der richtige Zeitpunkt, bevor er zu alt ist.“

Karsten Kunde nickt. 44 ist er jetzt und damit tatsächlich exakt 14 Jahre älter als der Titelheld, den er nun verkörpern wird. Dessen Lebensalter kann der aufmerksame Leser des Dramas nämlich exakt ermitteln, sagt Regisseur Nondorf. Ebenso sicher ist, dass die Inszenierung „kein Renaissance-, kein Mantel-und-
Degen-Stück wird“. Das Spiel um tödliches Misstrauen, Korruption und Liebe wird im Hier und Jetzt seinen unheilvollen Lauf nehmen.

 

Frauen in Männerrollen

 

Nicht ausschließlich der Ensemble-Zusammensetzung ist die Rollenaufteilung der Inszenierung geschuldet: Frauen werden einige der Partien übernehmen, die ursprünglich Männern zugedacht wurden. So spielen Tanja Busch und Verena Schmidt nicht nur die beiden Totengräber, sondern sind auch als Hamlets Schulfreunde Rosenkrantz und Guildenstern zu sehen. Obendrein tauchen sie als Wachen auf. Die zwanzig Rollen des Stücks werden insgesamt von elf Darstellern gestemmt.

Für Markus Nondorf liegt der Reiz des Dramas, das bis heute als eines der berühmtesten der Weltliteratur gilt, nicht zuletzt in seiner unglaublichen Aktualität. „Im Mittelpunkt steht zum einen ein Überwachungsstaat, in dem Bespitzelung und Bestechung dominieren, zum anderen geht es um eine Familiengeschichte, deren Brisanz absolut modern ist und die jede Soap-Opera im Fernsehen alt aussehen lässt“, sagt TKKG-Chef Nondorf. Die Familiengeschichte setzt sich übrigens auch auf der Besetzungsliste fort: Karsten Kundes Vater Erich Kunde wird als König Claudius agieren. Die Inszenierung werde natürlich der besonderen Open-
Air-Situation Rechnung tragen, macht der Regisseur klar, indem sie die vielfältigen Verflechtungen des Stücks „etwas gröber“ zeichne: „Unter freiem Himmel nimmt die Konzentration einfach ab.“ Vom Spielort – dem Innenhof des Fürther Ratshauses – sind die Mitwirkenden begeistert. Atmosphäre und Akustik seien schlicht „ein Traum“.

Ganz ähnlich fällt schon jetzt Karsten Kundes Urteil zu seiner Aufgabe aus. „Dieser Hamlet ist ein schöner Charakter, in den man so richtig reinkrabbeln kann.“ Reizvoll sei für ihn nicht zuletzt die Auseinandersetzung mit der Frage, wie ein Mensch mit einem ungeheuren Hass, wie Hamlet ihn empfindet, umgehen kann und welche Ventile er sich sucht. Sympathisch ist Kunde der Dänenprinz nicht sonderlich: „Er ist viel zu passiv. Mault nur, statt zu handeln, bevor es zu spät ist.“

Bis 17. August gibt es 16 Aufführungen von „Hamlet“ mit TKKG im Fürther Rathaushof.

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