Spurensuche im Stollen-Labyrinth

2.3.2009, 00:00 Uhr
Spurensuche im Stollen-Labyrinth

© Sarah Zimmermann

20-Watt-Glühbirnen und dampfende Scheinwerfer tauchen die 1820 Quadratmeter tief unter dem Krankenhaus in mystisches Licht. Über 10 000 Besucher haben sich seit 2004 in die Felsengänge gewagt – sei es, um den Hauch der Vergangenheit zu schnuppern oder um unterirdisch Kunstausstellungen, Filmvorführungen und Autorenlesungen zu erleben. Das Programm, das der Verein auf die Beine gestellt hat, ist vielfältig und versucht, auch jene in die Höhlengänge zu locken, die sich nicht für Kriegsgeschichten interessieren.

Bevor es die Stufen hinuntergeht, werden Taschenlampen verteilt. Während Kamran Salimi, einer der drei Vereinsvorstände, von vergangenen Zeiten erzählt, huschen Lichtkegel über die Gewölbedecken. Es ist kalt, wenn Salimi spricht, steht vor seinem Gesicht eine Atemwolke. Bis 1897 wurden die Gänge für die Lagerung von Bier genutzt, 1939 kaufte sie die Stadt auf und machte sie zur Luftschutzanlage. Für 2000 Menschen war der Keller vorgesehen, gegen Kriegsende waren es oft doppelt so viele. Salimi: «An den Wänden entlang waren Bänke, oben eine Hutablage. Das war alles, was die Leute hier hatten.»

Übrig geblieben ist aus dieser Zeit nur wenig: Das Holz ist verrottet, an der Decke hängen Reste der Originalstromleitungen. Auch die Toiletten kann man noch erahnen: Nischen in der Wand, 30 Toiletten für 2000 Personen. Die dicke Akte, die über die «Toilettenfrage» im Luftschutzkeller erhalten ist, zeigt, so Salimi, vor allem eines: «Die Bürokratie kennt keine Grenzen, auch zu Kriegszeiten nicht.»

Das Besondere an den Felsengängen: In der Anlage kann man sehen, wie drei Epochen nahtlos ineinander übergehen. Der rohe Fels und die Schienenanlage auf dem Boden als Zeichen der Anfangszeit, die Zeit, in der mit Pferdekarren Bier und Eis in die Gewölbe gebracht wurde. Später dann Menschen, die in den Gemäuern Schutz suchten. Die abgemauerten Bereiche sind Reste des Luftschutzbunkers.

Nach dem Krieg gab es zunächst keine Verwendung für die Anlage. Als die Stadt Fürth in den 80er Jahren beantragt, die Keller wieder zum Bunker ausbauen zu dürfen, lehnt der Bund ab. Erst seit 2003 darf die Anlage von «Untergrund Fürth e. V.» wieder offiziell genutzt werden. Salimi erzählt, dass die Stadt theoretisch für zehn Prozent der Einwohner Schutzräume hat, unter City-Center und Stadthalle etwa. Sogar in Gunzenhausen steht seit 1965 ein Atombunker für die Bürger bereit.

Zwischen den Sandsteingewölben, den Blitzlichtern und dem staubigen Flackern der Taschenlampen lernt der Besucher an diesem Tag vor allem eines: Unter dem Asphalt der Stadt verbirgt sich mehr, als man ahnen kann. Die nächste öffentliche Führung durch die Felsengänge der Grüner-Bräu-Keller wird am 25. Oktober 2009 stattfinden. Privatführungen können beim Verein jederzeit vereinbart werden. Und sei es für ein unterirdisches Candle-Light-Dinner.

SARAH ZIMMERMANN