Stadttheater Fürth 17/18: Tatort-Fieslinge, couragierte Mütter, schwarze Schwäne

14.5.2017, 13:00 Uhr
Stadttheater Fürth 17/18: Tatort-Fieslinge, couragierte Mütter, schwarze Schwäne

© F.: Hans-Joachim Winckler

*"Entartete Kunst"

Er war 2015 der widerliche Waffenlobbyist Graf Trachtenfels-Lissé in "Deckname Kidon", einem der besten ORF-"Tatorte" der vergangenen Jahre, ein unvergesslich empfindsamer Franz Schubert in "Mit meinen heißen Tränen" und Henry Hübchens herrlich orthodoxer Bruder in "Alles auf Zucker": Udo Samel muss man erlebt haben, live. In Ronald Harwoods Schauspiel um den spektakulären Fall des Kunsthändlers Cornelius Gurlitt kommt der Burgschauspieler ganz groß raus. Brisanter Stoff vom Renaissance Theater Berlin mit Hauptdarsteller aus der allerersten Liga. (10./11. November).

*"Mutter Courage und ihre Kinder"

Kein Theater, das dem Bürger die Verdauung regelt: Bertolt Brechts Werke fühlten sich lange sehr gestrig an, doch die Zeiten verlangen wieder nach (s)einer mahnenden, widerborstigen Stimme. Sein im Exil entstandenes, topaktuelles Stück über eine entmenschlichte Gesellschaft verdient, wieder neu betrachtet zu werden. Hauptrolle: Michaela Domes. Gegenfrage an alle, denen gerade der Satz "Nicht schon wieder Michaela Domes" durch den Kopf geht: Wer sonst? (13.-23. Januar)

*"Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute"

Erstmals kooperiert das Kult-Ensemble mit dem Gostner Hoftheater — und mit was für einem aufregenden Stoff. Für sein Schauspiel (für Kinder ab zwölf Jahren) erhielt Jens Raschke 2014 den Deutschen Kindertheaterpreis. Düsterer Stoff, verpackt in einer unterhaltsamen Geschichte: Das Nashorn rebelliert gegen die Verhältnisse im Zoologischen Garten des Konzentrationslagers Buchenwald — den es tatsächlich gab. Unfassbar. (20. September)

*"Schwanensee"

Wie bitte, die stets in die Gegenwart schauende Tanztheater-Reihe kommt uns mit Tschaikowsky? Wenn der alte Knabe so daherkommt, dann bitte gern: Dada Masilo, Shootingstar der südafrikanischen Tanzszene, dekonstruiert mit The Dance Factory aus Johannesburg den europäischen Ballettklassiker und stellt den Zickenkrieg zwischen weißem und schwarzem Schwan mit zeitgenössischem Bewegungsrepertoire humorvoll auf den Kopf. Großes Muss. (20.-25. Februar)

*Bernd Glemser, Klavier

Preise bei 17 Musikwettbewerben, hymnische Kritiken, Einladungen auf alle Kontinente — doch bis heute mag keines der großen Klassiklabels mit dem 55-jährigen stillen Star der Klavierszene anbandeln. Er ist halt weder rehäugig noch bombig dekolletiert. Das Leben ist ungerecht. Wie Glemser Brahms, Rachmaninow und Chopin spielt, können die Fürther erstmals 17/18 erfahren. Ein spätes, aber überfälliges Kennenlernen. (3. Dezember)

*"Wie im Himmel"

So kitschig, so konstruiert, so supergutmenschelnd, dass Knäckebrot zu Staub zerfällt. Aber es musste ja kommen, dass der schwedische Dirigenten-Erlösungsfilm Bühnenstoff wird. Das Gastspiel des Münchner Metropoltheaters wird Gemeindechor-Mitgliedern wonnigliche Stunden bescheren. Immerhin. (15./16. Dezember)

*"Der Aufguss"

Alternder Kabarett- und Privatfernsehrochen dreht nochmal die Runde als Ober-Saunierer in Diensten des Düsseldorfer Theaters an der Kö. Genial daneben, Hugo Egon Balder! (19./20. Mai)

*"Charleys Tante"

. . .bleibt auch — Verzeihung, liebe Kammeroper München — mit hinzugepappten musikalischen Versatzstücken und im Gewand einer Operette eine gruslig altmodische Klamotte. Mieter des gemischten Abos müssen da durch, der Rest nicht. (28. November-1. Dezember)

*"Blues Brothers"

Nicht euer Ernst, oder? So steht’s geschrieben: "Musical nach dem Kultfilm von John Landis." Das Euro-Studio Landgraf mit einem Abend für alle, die nicht wissen, wie dieser verrückte DVD-Player gleich wieder funktioniert. (14.-17. März)

*Die Distel, Berlin

Verlor zuletzt enorm viel Stacheln, doch ein treuer Fürther Intendant pflückt sie Jahr für Jahr. Politkabarett mit dezent antiquiertem "Wir Ossis haben’s echt nicht leicht"-Touch. Aber mal sehen. Erst der Mut zum Irrtum macht den Kritiker. (13. Mai)

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