Stallpflicht vergällt die Freude am schönen Federvieh

13.4.2017, 13:00 Uhr
Stallpflicht vergällt die Freude am schönen Federvieh

© Foto: Scherer

Herr Roth, wie geht es Ihrem Federvieh nach vier Monaten Stallpflicht?

Nikolaus Roth: Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen. Vor zwei Jahren haben wir die Volieren vor den Ställen überdacht, um die Feuchtigkeit, die das Bakterienwachstum am Boden begünstigt, abzuhalten. Das hat den Auflagen genügt, weil der Kot der Wildvögel als Hauptübertragungsweg gilt. Die Dächer halten ihn ab. Aber wir fühlen mit all den anderen, die nicht in dieser glücklichen Lage waren. Jetzt war es allerhöchste Zeit, dass die Stallpflicht gefallen ist.

 

Sie spielen auf die Brutzeit an . . .

Roth: Genau, es ist die wichtigste Zeit für uns Züchter. Heuer war es ohnehin sehr lange sehr kalt, so haben die Tiere spät zu legen begonnen. Bei mir ist die Ausbeute heuer so schlecht wie nie, bei den Rheinländern konnte ich nur drei Küken aus 80 Eiern ziehen, bei den Italienern waren es immerhin elf der 60 Eier, die was wurden. Meistens bring’ ich über 90 Prozent der befruchteten Eier als Küken aus dem Brutapparat.

Aber Ihre Hühner können doch noch länger legen und brüten.

Roth: Bei uns geht es nicht um Legeleistung, sondern um die Freude an der schönen Rasse. Und da wird die Zeit knapp. Die Hähne meiner Rheinländer und Italiener haben Sicheln als Schwanz. Bis der ausgereift ist, dauert es ein halbes Jahr. Im Oktober beginnen die Ausstellungen — sofern sie wieder stattfinden dürfen.

 

Warum sollten sie das nicht?

Roth: Jetzt scheint die Sache ausgestanden, der Nachweis befallenen Geflügels ist rückläufig. Aber man kann ja nie wissen, was dem Ministerium einfällt. Dabei kann die Vogelgrippe ja schon länger geschwelt haben, ohne dass es aufgefallen ist. Aber dann wird am Bodensee eine infizierte Wildente gefunden und das ganze Land wird dicht gemacht. Zehn Bundesländer haben sich genauso verhalten wie Bayern, sechs haben nur punktuell Sperrbezirke eingerichtet, und die anderen in Ruhe gelassen. Dort ist die Situation jetzt nicht anders als bei uns.

 

Warum dann gleich die große Keule der bayernweiten Stallpflicht?

Roth: Meines Erachtens ist das reine Lobbyarbeit zugunsten großer Geflügelzüchter, die zigtausend Küken halten, die nach sechs Wochen schlachtreif sein sollen. Die sind es, die die Geflügelpest züchten, ihre Tiere werden vollgepumpt mit Medikamenten, das macht sie anfällig. Wir kleinen Züchter machen das nicht. Wenn überhaupt, war es ein einziger Fall, der bei einem Hobbyzüchter festgestellt wurde. Die Natur hat sich noch jedes Frühjahr erneuert, dass man darauf nicht vertraut, ist schade. Gerade 120 Fälle wurden bayernweit bei Wildvögeln nachgewiesen, neun waren es in Nutzgeflügelbeständen. Und das bei 500 Millionen Zugvögeln, die in Herbst und Winter über uns hinwegziehen. Da fehlt es an der Verhältnismäßigkeit. Und es ist schlimm, was man den Züchtern dabei antut. Kein Wunder, dass die dann sagen, steigt mir den Buckel nauf, dann hör’ ich halt auf.

 

Was tut man ihnen an?

Roth: Viele setzen hauptsächlich auf den Auslauf, die Ställe sind klein und eng. Werden die Hühner eingesperrt, ist das Stress pur. Ein Huhn ist ein Naturvieh, das braucht seinen Sand und Platz zum Scharren, die frische Luft fehlt auch. Und vor lauter Langeweile kann es passieren, dass sie sich gegenseitig die Federn ausreißen. Das ist alles andere als artgerechte Haltung.

 

Inwieweit war Ihr Verein beeinträchtigt?

Roth: Zum Beispiel unser Osterschlupf, bei dem man Küken beim Schlüpfen beobachten kann, den wir am Ostermontag zum siebten Mal anbieten, stand auf der Kippe. Mein Antrag, ihn abzuhalten, wurde abgelehnt. Dabei ist das über den Verkauf von Essen und Getränken unsere einnahmestärkste Veranstaltung im Jahr. Am 14. März hab ich im Veterinäramt nachgefragt, da hieß es noch, wir können nichts machen, solange wir nicht von oberster Stelle aus München grünes Licht bekommen. Tags darauf bin ich angerufen worden, dass es doch klappt, da war die Stallpflicht gefallen. Glück gehabt.

 

Was macht ein passionierter Goggerer denn, wenn er monatelang wochenends nicht auf Märkte gehen kann, um fachzusimpeln mit Kollegen oder zu gucken, was in deren Ställen so herangereift ist?

Roth(lacht): Tja, darüber kann ich auch nur spekulieren, aber jetzt ist das ja vorbei. Jeden zweiten Sonntag im Monat ist Kleintiermarkt bei den Dietenhofenern, die schon seit Jahrzehnten zu unserem Kreisverband gehören. Am Sonntag ist es wieder so weit, der erste Markt nach der Stallpflicht. Und da wird der Teufel los sein, da wett’ ich drauf. Da versucht jeder loszukriegen, was er über den Winter gezüchtet hat. Die Schlachthenne bekommen Sie dann für drei Euro.

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