Stammtisch der Hobbyhistoriker

18.8.2017, 13:00 Uhr
Stammtisch der Hobbyhistoriker

© Foto: Ehm

Hat der Heimatverein genügend Mitglieder, oder warum, Herr Schönfelder, werden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gesucht, die ihr beruflich oder autodidaktisch erworbenes Wissen einbringen wollen?

Roland Schönfelder: Welcher Verein hat schon genügend Mitglieder? Wir haben derzeit rund 500, und wer unter 60 Jahre alt ist, zählt dabei zu den Jungen. Wir suchen natürlich neue Mitglieder, aber es geht uns auch darum, die langjährigen Mitglieder wieder etwas mehr zu aktivieren und zu binden. Deren Wissen ist gigantisch. Allerdings, wenn die Menschen sterben, geht das verloren. Das soll der Stammtisch verhindern.

 

Und das funktioniert?

Schönfelder: Das tut es. Beim jüngsten Stammtisch stand das Thema Dendrochronologie im Mittelpunkt. Das meint eine Datierungsmethode, bei der die Jahresringe von Bäumen einer bestimmten Zeit zugeordnet werden können. Zu Beginn gab es einen kleinen Vortrag, dann tauscht man sich aus. Dabei kommen Dinge zur Sprache, die einem die Leute nicht erzählen, wenn man sich irgendwo in der Stadt trifft und plaudert. Es gibt Menschen, die viele Dinge wissen, aber glauben, das sei nicht so wichtig oder nicht so interessant, dabei stimmt das überhaupt nicht. Unser Schriftführer Jochen Habel, der auch die Idee zum Stammtisch hatte, hält deshalb jeweils die wichtigsten Informationen stichpunktartig in einem Büchlein fest.

 

Um was ging es beim Dendrochronologie-Stammtisch?

Schönfelder: Es gibt mehrere Objekte aus Langenzenn, die wir bereits haben untersuchen lassen, beispielsweise einen Wassertrog aus Eichenholz, der 1984 in Laubendorf gefunden wurde. Der Baum, aus dessen Holz er gemacht ist, wurde zwischen 1699 und 1700 gefällt. Wir wissen aber nicht, wie der Trog genutzt wurde, vielleicht als Viehtränke? An der Stelle, wo er gefunden wurde, stand allerdings nachweislich das älteste Langenzenner Bad. Vielleicht hat er auch damit zu tun.

 

Was waren die anderen Themen?

Schönfelder: Die Reformation, alte Flurnamen und die Langenzenner Unterwelt. Bei der letztgenannten Veranstaltung gab es übrigens ein schönes Beispiel für Wissen, das vorhanden ist und keiner hat es bisher bemerkt: Im Laufe der Gespräche hat Johann Lober erzählt, dass sein Vater, der bei der Hauck-Brauerei angestellt war, die Eisbefüllung der Langenzenner Bierkeller organisiert hat. Das Eis wurde an den Weihern geschlagen und mit Fuhrwerken zu den Kellern gebracht. Dort warteten Frauen, auch Johann Lobers Mutter, die die Blöcke zerkleinerten, dass man dann die Brocken durch Schächte in die Keller schütten konnte. Auch die Brauerei in Puschendorf wurde so aus Langenzenn beliefert. Vielleicht sind die Bierkeller auch eines unserer nächsten Themen.

 

Wie viele Besucher hatten die bisherigen vier Stammtische?

Schönfelder: Zwischen 10 und 16, allerdings alles Heimatvereinsmitglieder. Dabei würden wir uns über neue Gesichter freuen. Nur Mut, man kann wirklich nichts falsch machen.

Heimatgeschichte ist, gerade bei jungen Menschen, vielleicht doch nicht der Renner.

Schönfelder: Wenn nicht jemand in der Schule oder im Studium an einer Arbeit schreibt, die sich speziell mit diesem Aspekt beschäftigt, ist es sicher so, dass das Interesse an diesem Themenfeld erst erwacht, wenn man beruflich und familiär situiert ist. Erst dann beginnt die Suche nach anderen Dingen. Es gibt den Spruch: "Wenn ich nicht weiß, woher ich komme, weiß ich auch nicht, wohin ich will." Meiner Meinung nach gilt das noch immer.

 

Der Heimatbegriff ist seit der NS-Diktatur belastet. Welche Rolle spielt das?

Schönfelder: Ich sehe hier in den vergangenen Jahren einen Wandel. Bestes Beispiel sind die Werbespots im Bayerischen Fernsehen, den Slogan "Und da bin ich daheim" kennt sicher jeder. Ich denke, Heimat ist positiv besetzt und nicht mit Gedanken an ewig Gestriges.

 

Dennoch — junge Menschen bekommen Sie so kaum.

Schönfelder: Jochen Habel und ich tragen uns deswegen schon länger mit dem Gedanken, eine Geo-Caching-Gruppe zu etablieren. Diese digitale Schatzsuche wäre sicher für Kinder und Jugendliche die ideale Verbindung zwischen dem Heute und der Geschichte.

Stammtisch des Heimatvereins, Donnerstag, 7. September, 19 Uhr, Schützenheim, Burggrafenhofer Str. 1.

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