Stein im Umgehungs-Poker

26.7.2016, 13:00 Uhr
Stein im Umgehungs-Poker

© Foto: Linke

Knapp drei Seiten lang ist der Brief, den Steins Bürgermeister Kurt Krömer nach Berlin ans Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geschrieben hat. Der Adressat: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Mit dem Wort „Erstaunen“ in unterschiedlichen grammatikalischen Ausformungen teilt der Rathauschef dem Christsozialen in dem Schreiben mit, dass er angesichts der Entwicklung eines ist: stinksauer. Zumal Krömer über die jetzt vom Ministerium getroffene Einstufung aus der Zeitung erfuhr.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Burkert hatte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Bundesausschusses für Verkehr mitgeteilt, dass nach der Einarbeitung aller Stellungnahmen die entsprechende Neubewertung vorgenommen wurde. Jetzt, so Burkert auf Anfrage der FN, könnten noch die einzelnen Bundesministerien ihre Kommentare abgeben und Änderungen anregen, bevor dann für den 3. August ein Kabinettsbeschluss angestrebt sei. Erst danach werde sich das Parlament mit dem Plan befassen.

Nur Planung bis 2030

Änderungen sind also noch möglich. Bleibt jedoch alles so wie im Moment, hieße das: Für die Steiner Südumgehung „könnte“, so Burkert gegenüber den FN, bis zum Jahr 2030 die zugehörige Projektplanung erfolgen. Im Klartext: von einer Umsetzung keine Spur. Darauf dürfen lediglich jene Projekte hoffen, die im „Vordringlichen Bereich“ einsortiert sind.

Mit „großem Erstaunen“ schreibt der Steiner Bürgermeister, habe er diese Meldung den Medien entnommen und erinnert Minister Dobrindt daran, dass dieser bei der Regionalkonferenz der CSU-Landesgruppe im April die ursprüngliche Priorisierung mit der seit Jahren hohen Verkehrsbelastung der Stadt Stein, dem beabsichtigten Ausbau des Güterverkehrszentrums Hafen-Nürnberg und dem damit verbundenen zusätzlichen Lkw-Aufkommen gerechtfertigt habe. Nun müsse er leider feststellen, so Krömer weiter, dass die nicht nur seitens der Stadt, sondern auch von Dobrindt eingebrachten Argumente „an Bedeutung verlieren“ und das für Stein so notwendige Projekt „ohne ersichtlichen Grund“ herabgestuft wurde.

Gegenwehr aus Nürnberg

Zwar hatte sich Krömer unter anderem der Unterstützung von Dobrindts Parteifreund Christian Schmidt versichert. Der Bundeslandwirtschaftsminister war vor Ostern vor Ort gewesen, wenige Tage bevor sich der Bundesverkehrsausschuss erstmals mit dem Entwurf beschäftigt hatte. Doch bei der Stadt Nürnberg stieß die 5,1 Kilometer lange Umfahrung, die zwischen den Ortsteilen Bertelsdorf und Deutenbach von der B 14 abzweigen und in Nürnberg an die Wiener Straße anschließen soll, von Anfang an auf heftige Gegenwehr.

Der Bund Naturschutz Stein, der CSU-Kreisverband Nürnberg-Süd und der Nürnberger Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland machten ebenfalls gegen das auf 130 Millionen Euro geschätzte Projekt Front, dessen Kernstück ein knapp zwei Kilometer langer Tunnel unter der Rednitz darstellt. Die Gruppierungen hatten ihre Einsprüche gegen das Vorhaben beim Bundesverkehrsministerium eingereicht und fanden im Zuge der nun getroffenen Abstufung anscheinend Gehör.

Ausführlich die Gründe für eine Ablehnung hat beispielsweise Arno Pfeifenberger formuliert, Vorstandsmitglied in der Steiner BN-Ortsgruppe. Entwarnung will der Naturschützer aber noch nicht geben. „Es war ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt er mit Blick auf die Abstufung, „aber wir sind noch nicht über den Berg.“ Jetzt, vermutet Pfeifenberger, würden die Befürworter wieder mobil machen, allerdings habe auch die Stadt Nürnberg „großes Gewicht“. Aufmerksam beobachten will der BN-Mann den weiteren Prozess. Entscheidend sei, was im Verkehrswegeplan stehe, wenn das Werk durch den Bundestag gegangen sei.

Kurt Krömer verweist seinerseits auf die 872 Steiner Bürgeranliegen, die sich für die Umgehung stark gemacht hatten. Von einem „Schlag ins Gesicht“ der Steiner spricht der Rathauschef angesichts der aktuellen Sachlage. Während Nürnberg mit dem Ausbau des Güterverkehrszentrums von neuen Arbeitsplätzen und höheren Einnahmen profitiere, blieben der Faberstadt ohne Umgehung nur die Belastungen wie Lärm, Feinstaub und Gestank. Man könne deshalb nur zu dem Schluss kommen, dass es sich bei den Steinern „um Bürger zweiter Klasse“ handle. Dass man überdies im Rathaus von der neuen Sachlage aus der Zeitung erfahren müsse und nicht direkt vom Ministerium unterrichtet werde, sei „völlig inakzeptabel“.

Mit dem Protestbrief aus Stein ist dem Bundesverkehrsminister auch eine Einladung für einen Vor-Ort-Termin an der B 14 ins Haus geflattert. Als besonderes „Schmankerl“ empfiehlt Kurt Krömer einen Freitag nach 13 Uhr außerhalb der Ferienzeit. Dann sei die Autobahn A 6 immer überlastet und auf der Bundesstraße reihe sich Lkw an Lkw. „Machen Sie sich persönlich ein Bild“, schreibt Krömer an Dobrindt. „Mein Büro wird gerne einen Termin abstimmen.“

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