Wo Farbe Geschichten erzählt

15.9.2014, 11:00 Uhr
Wo Farbe Geschichten erzählt

© Foto: Ralf Rödel

In der Toreinfahrt des Technischen Rathauses malt Josef Paintmayer einen weißblauen Wolkenhimmel auf eine mannshohe Tafel. Der Mitarbeiter der Farbenmanufaktur Keim aus Diedorf bei Augsburg führt vor, wie ein Deckengemälde entsteht. „Von Zeit zu Zeit brauche ich etwas Abstand, um den Gesamteindruck nicht aus den Augen zu verlieren“, erläutert er seine Arbeitsweise.

Die sogenannte Untere Denkmalschutzbehörde im städtischen Bauamt hat zum Denkmaltag ein Informationspaket geschnürt, zu dem neben der Vorführung auch Vorträge über Holzschutz, Dämmsysteme und Schimmelbekämpfung im Altbau zählten. Dabei stellt historisches Baumaterial besonders hohe Anforderungen an die Farbe. Dass sie ein zentraler Aspekt bei der Restaurierung von Baudenkmälern ist, darauf macht Stadtbildpflegerin Michaela von Wittke bei ihren gut besuchten Altstadtführungen aufmerksam: „Was wir heute als knallbunt empfinden, war in der Antike und im Mittelalter gängiger Geschmack.“ Erst im Klassizismus seien Grautöne in Mode gekommen.

Von Wittke weiß auch, dass Farben aus historischer Perspektive „Geschichten erzählen“. Einzelne Farbtöne stünden für bestimmte Aussagen. Auf ihrem Rundgang stellt sie dies an drei Beispielen für gelungene Restaurierungen vor.

Das 450 Jahre alte „Rote Ross“ am Waagplatz ist die erste Station. Hier erfahren die Teilnehmer, wie eine Fachwerkfassade durch Farbe lebendig wird. Vertieft wird diese Untersuchung dann am noch etwas älteren Sternapothekenhaus, Marktplatz 11, und am kunstvoll restaurierten Fischereihaus, Untere Fischergasse 6. In katholischen Gebieten, so die Stadtbildpflegerin, wurde einst noch kräftiger in die Farbtöpfe gegriffen, weil man sich an der Kirchenpracht orientierte. Michaela von Wittke: „Unser farbiges Fürth ist anders.“

Über 200 Besucher nahmen auch die ehemalige US-Chapel in der Flößaustraße unter die Lupe. Mit ihren bunten Kirchenfenstern aus der Nachkriegszeit und den zarten Gelbtönen der Dachbalken wirkt der Innenraum freundlich. Nichts erinnert mehr daran, dass das Gebäude 1890 als Pferdelazarett der bayerischen Artilleriekaserne errichtet worden ist.

Als die Freie Christen Gemeinde 2004 hier einzog, entfernte sie als erstes die von den Amerikanern bevorzugte braune Wandfarbe. Die Farbenausstellung im Technischen Rathaus hält das passende Lokalkolorit bereit: „Fürther Weiß“ – eine Wandfarbe im weiß-grünen Eimer.

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