Ton, Steine, Scherben: Hobby-Archäologen graben sich durch Fürths Untergrund

25.8.2017, 21:00 Uhr
Die Überreste eines mittelalterlichen Dorfes bei Bad Windsheim haben zuerst die Fürther Archäologen entdeckt - nun untersuchen Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege die Fundstelle.

© Foto: Stefan Blank Die Überreste eines mittelalterlichen Dorfes bei Bad Windsheim haben zuerst die Fürther Archäologen entdeckt - nun untersuchen Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege die Fundstelle.

Das zehnte Jahrhundert beginnt dort, wo der gelbe Sand anfängt. Durch viele Schichten muss man graben, um hierhin zu gelangen, jede gehört zu einer eigenen Epoche. Wird irgendwo in Fürth gebuddelt, kann man dadurch ein Stück eintauchen in die Geschichte der Stadt – wenn man sich auskennt.

Schichtfolge heißt das Fachwort, und die Hobby-Archäologen um Thomas Werner kennen sich damit aus. "Die ganze Fürther Altstadt ist ein Bodendenkmal", sagt Werner, der Leiter der Gruppe. Wird irgendwo ein Loch aufgemacht, sind seine Leute zur Stelle.

Das kann zum Beispiel auf Baustellen sein. "Wenn etwas gefunden wird, muss der Bauherr das melden", erklärt Werner — und schiebt gleich hinterher, dass das nicht alle machen: Zu groß sei die Angst vor einem Baustopp, wenn es sich um geschichtlich bedeutsame Reste handelt. Die Entscheidung darüber trifft das Landesamt für Denkmalpflege. In Ausnahmefällen gibt die Behörde die Beurteilung der Funde auch an Ehrenamtliche ab — und da kommt die Fürther Arbeitsgruppe ins Spiel.

Es kann nicht alt genug sein

"Machen Sie ein Loch auf, und Sie finden was", beschreibt Geologe Markus Tarasconi den Reichtum des Fürther Untergrunds. Das Altstadtgebiet haben er und seine Mitstreiter schon weitgehend begutachtet. In der Gustavstraße, der Helmstraße, der Königstraße und der Pfarrgasse haben sie unter anderem gesammelt. Bis ins zehnte Jahrhundert reichen die Funde zurück — nur, bedauern die Mitglieder: "Die Altstadt ist abgegrast. Wenn es etwas Älteres gibt, müsste man auf dem Gänsberg suchen."

Doch der ehemalige Stadtteil sei im Zuge der Flächensanierung in den 60er Jahren so zubetoniert worden, dass man kaum mehr graben könne. Damals habe auch niemand auf Bodendenkmäler geachtet. "Da wurde nicht eine Scherbe aufgehoben."

Doch es gibt auch Erfolge. So hat das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege erst kürzlich die Umrisse eines mittelalterlichen Dorfes bei Bad Windsheim näher untersucht. Die Grundlage dafür lieferten die Fürther Archäologen, die 2003 und 2004 hier zahlreiche Fundstücke entdeckt und dem Landesamt gemeldet hatten. Nun ist die mittelalterliche Siedlung genauer untersucht.

Ehrenamtliche leisten wichtigen Beitrag

Diese Zusammenarbeit ist keine Seltenheit. Das Landesamt ist auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesen. Nur durch die Hinweise der zahlreichen Hobby-Archäologen kann es sogenannte Verdachtsflächen ausweisen. Wenn gebaut werden soll, muss vorher der Boden untersucht werden. Ohne die Unterstützung lokaler Gruppen wäre die Behörde auf Zufallsfunde angewiesen. "Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Denkmalerfassung", sagt Pressesprecherin Dorothee Ott.

Wer die Fürther Archäologen besuchen will, muss momentan selbst in den Untergrund hinabsteigen. Seit zwei Jahren liegt ihr Quartier in den muffigen Kellerräumen der Pfisterschule. "90 Prozent Luftfeuchtigkeit" kommentieren die Mitglieder die Ausstattung ihres Hauptquartiers samt Archiv. Für die eingelagerten Fundstücke ist das ein Problem. Eisen zerfällt unter den feuchten Bedingungen, Knochen schimmeln. Zum Glück besteht ein Großteil der Gegenstände aus Ton.

Zeugnisse aus Kriegszeiten

Unter ihnen ist zum Beispiel ein alter Teller, der möglicherweise dem Pfarrer Carl Friedrich Lochner gehörte. "Glaube und Glas, wie schnell zerbricht das", steht darauf geschrieben. Auf den ersten Blick unscheinbar wirkt ein alter Dachziegel aus Ton. Doch die poröse Struktur in seinem Inneren, die von Luftbläschen durchzogen ist, deutet auf die zerstörerische Hitze einer Feuersbrunst hin. Sie verwüstete im 30-jährigen Krieg die Stadt. "Mit ein bisschen Phantasie kann man so eine ganz andere Stadtgeschichte greifbar machen", sagt Werner. Momentan wühlt der Verein aber eher in Akten als im Staub: Die Inventur des Archivs steht an.

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